Zen am Morgen. Bild von jarooncmu, bei pixabay.
In diesem Artikel wird, aus gegebenem Anlass, eine so bekannte wie bewährte Technik zur Herstellung geistiger Klarheit vorgestellt. Die Übung kann auf viele einfache, manuelle Tätigkeiten und jedes primitive Werkzeug übertragen werden, was aber nur für Fortgeschrittene gilt. Mit Hilfe eines Besens funktioniert die Methode gut bei Anfängern, die keinen Meister zur Hand und von Zen höchstens eine vage Vorstellung haben. So, wie es sich etwa beim Autor dieser Zeilen verhält.
Einzige Voraussetzung für Zen ist es, seinen Geist einer ungewohnten Mentaltechnik zu öffnen. Wer z.B. mit dem erlernten Verhaltensinventar aus dem eigenen Kulturraum bei einem kniffligen Lebensproblem zu keiner Entscheidung findet, sollte versuchen den Weg des Zen zu gehen. Zen ist keine Handlungsanweisung, auch keine Religion. Es ist nur die Kunst, einen Weg ohne Ziel zu gehen. Wieso der quakende Tümpelguru jetzt mit Zen heraus rückt?
Das entspringt dem Blog des Autors @b-s, der in seinem Artikel um Hilfe bat, was nicht nur Frösche im Tümpelinstitut für mutig halten. B-S wurde kürzlich, mit akademischem Grad versehen, aus seiner alma mater entlassen und wirkt orientierungslos. Niemand sagt ihm mehr, was als Nächstes zu tun ist. Da sucht er nach Klarheit für die gewichtige Entscheidung, welcher berufliche Weg nun einzuschlagen ist. Er schwankt zwischen Neigung und Ratio. Statt die Entscheidung zu treffen, spielt er stunden-, ja sogar tagelang Computerspiele. Durch Zerstreuung glaubt er, der Qual der Wahl zu entkommen, doch das Spiel hilft ihm nur über die Zeit. Zur Lösung des Problems trägt es nichts bei.
Möbiusschleife von David Benbennick, bei Wikipedia.
B-S ist gefangen in einer Endlosschleife quälender Gedanken. Menschen haben kein Wissen von der Zukunft, sind aber gezwungen laufend Entscheidungen zu treffen, die künftig Fakten schaffen. Da fühlt sich mancher überfordert, was leicht in Zweifel und Verwirrung mündet. Es macht jedoch keinen Sinn das Thema weiter zu vertiefen, ohne den Hinweis auf einen weit verbreiteten Irrtum, der zweifellos auch dem Hilferuf von B-S zugrunde liegt. Bauch und Kopf sind keineswegs Antagonisten. In einem rundum gesunden Menschen wirkt ausschließlich die Synthese dieser beiden Nervengeflechte als verlässliche Impulsquelle für das Handeln.
Es geht bei der folgenden Zen-Übung also darum, den Geist zu leeren um diese Synthese wieder zu normalisieren, die aus dem Ruder gelaufen ist. Kern der Übung ist, den Geist zum Schweigen zu bringen. Schweigt die Ratio still, hat das Affektzentrum im Bauch keinen Anlass mehr, alarmierende Impulse durch den Körper zu jagen. Rein physiologisch betrachtet, kommt es während der „Auszeit des Geistes“ also zu keiner Adrenalinausschüttung mehr. Quälende Beklemmung wird gelöst und der Körper entspannt sich.
Besonders in einer Situation, wo ein Gedanke den nächsten jagt, ist dieser Schnitt im Denken das einfachste Mittel. Man muss das nur üben. Der Übende tilgt dabei konsequent jedes Angebot des inneren Stichwortlieferanten, der unablässig Bilder und Begriffe abfeuert in der Absicht, dem Geist Stoff zum Weiterdenken anzubieten. Das ist normal. In Momenten, wo man Probleme lösen möchte, ist es aber kontraproduktiv. Weil einer Zukunftsstrategie, nach logischem Ermessen, eben keine rein rationale Entscheidung zugrunde liegen kann, gerät man in eine Zwickmühle. Niemand kann in die Zukunft schauen, was aber kein Anlass für Verzweiflung sein muss.
Wach und gelassen lehnt man also jedes Angebot des Geistes ab und lässt all seine Gedanken ziehen, wie Wolken am Himmel. Ertappt man sich im Üben beim Weiterdenken eines Gedankens, das wird am Anfang garantiert passieren, spricht man im Geiste einen kurzen Spruch, oder ein leicht zu merkendes Wort, um jedes der angebotenen Bilder als uninteressant zurückzuweisen. In der fernöstlichen Kultur wird so ein Wort oder Spruch „Mantra“ genannt. Das kann sich jeder selbst ausdenken. Nutze dein Mantra während der Übung, wann immer dein Geist versucht, dich wieder in einen neuen Gedanken zu verwickeln. Schon beim Verhindern des Denkens wirst du spüren, wie sich der Geist leert. Er wird schwächer und schwächer, bis er verstummt. Jetzt beherrschst du den Geist. Das lernt man ganz schnell, weil die Mantra-Technik zuverlässig funktioniert.
Keine Angst, man erhält den kompletten Inhalt seines Geistes nach der Übung zurück. Er wird dann in neuer, engerer Verbindung mit dem Bauchgeflecht zuverlässiger genutzt, als vor der Leerung. Sicher wird niemand schon nach der ersten Übung alle Probleme im Schlaf lösen. Es handelt sich um eine Art Reset zwischen Kopf und Bauch, was man tatsächlich üben muss. Beherrscht man die Technik, leert Zen den Geist, erfrischt das Herz und gibt dem Leben seine Grundordnung zurück. Ich bin übrigens weder Schüler, noch Meister, praktiziere Zen aber gerne bei der Hausarbeit, beim Straße- und Hofkehren, oder der Gartenarbeit. Wie das ganz ohne Meister gelingen kann, ist mir kein Rätsel. Jeder Mensch ist ein Naturtalent. Man muss nur tun, was man auf dem Weg der Unachtsamkeit verlernt hat. Also, weiter im Zen-Takt.
Nimm deinen Besen, geh hinaus und kehre die Straße, ohne auch nur ein Blatt liegen zu lassen. Über das Kehren selbst muss kein Mensch nachdenken, weil es automatisch funktioniert. Siehst du Dreck, denke bloß nicht darüber nach, wo er her kommt. Denke nicht über seine Beschaffenheit nach. Das interessiert dich alles nicht. Wann du endlich mit dem Fegen fertig bist, ist die unwichtigste Frage überhaupt. Werde still im Inneren!
Mit Hilfe des Mantras stellen sich beim Fegen alle Gedanken ab. Schon bald funktioniert das auch ohne Mantra, auf Kommando. Es ist ist einfach nur eine Frage der Übung. Kommt man beim Fegen wieder ins Denken, was bei Anfängern völlig normal ist, ist es mit dem Mantra einfach zu tilgen. Sobald man sich beim Denken erwischt, spricht man das Mantra in sich hinein. Ohne die Hoheit über das Denken funktioniert kein Zen. Die wiederkehrende Bewegung unter vollkommener, geistiger Leere, schafft nachhaltige Klarheit. Die Verbindung zwischen Kopf und Bauch funktioniert mit der Zeit wieder. Sie bleibt auch nach dem Üben wirksam und je öfter geübt wird, desto klarer ist zu erkennen, was als Nächstes getan werden muss.
Blicke beim Üben bewusst nirgendwo hin, als auf den Besen. Bewundere, wie er perfekt seine Aufgabe erledigt. Diene dem Besen, während er der Sauberkeit dient. Lasse deine Bewegungen so rund, wie geschmeidig fließen und erkenne vorhandene, innere Widerstände. In einem Zustand verlorener Orientierung entstehen Blockaden im Bewegungsapparat, die sich als Schmerz bemerkbar machen können, wenn man sie nicht Schritt für Schritt überwindet. Ist dann alles im Fluss, werden Besen und Übender Eins und Zeit existiert nicht mehr. Wo es keine Zeit gibt, existieren auch Zukunft und Vergangenheit nicht mehr. Im Hier und Jetzt angekommen, ist man genau dort wo sich jeder Mensch befinden sollte. Hier und Jetzt, das ist nicht alleine ein Zustand in der Zeit. Es ist der Zustand, in dem der Kopf mit dem Bauch harmonisch Entscheidungen trifft und Aufgaben mit Freude erledigt werden, die man sich selbst ausgewählt hat. Spätestens nachdem auf dem Weg des Zen erkannt wurde, dass es kein Richtig und kein Falsch gibt, weiß man, dass Zen der Weg ist.
Strohbesen von Mauzile, bei Wikipedia.
Mit einem Reisig- oder Strohbesen funktioniert die Übung wunderbar umweltfreundlich, ganz ohne Kunststoffabrieb. Die Bauart dieser Besen ist auch besonders gut geeignet, weil es sich damit optimal arbeiten lässt. Ob man sich nach rechts oder links dreht, diese Besen funktionieren in jeder Bewegungsrichtung gleich. Das gebräuchliche Werkzeug, mit Borsten unter einem Querbalken, funktioniert nicht so gut, weil man nicht denken soll während der Übungen des Zen.