Wenn ihr eine Burg sucht, welche
idyllisch gelegen ist, eine wunderbare, einzigartige Aussicht verspricht, eine gemütliche Ausflugswirtschaft hat, gute regionale Hausmannskost anbietet, eine geheimnisumwobene Geschichte verbirgt, inmitten einer eindrucksvollen Landschaft liegt und eine alles erschütternde Kriminalgeschichte hinter sich hat,
so seid ihr auf der Rietburg richtig.
Sie ist eine der wenigen Burgruinen, die alle diese Kriterien erfüllt.
An einem lieblichen Sonnentag fahrt ihr durch die schöne Pfalz und kommt in Edenkoben an.
Am westlichen Ortsausgang von Edenkoben führt die Villastraße zu dem Ausgangspunkt für eure Entdeckungen.
Ludwig I von Bayern hatte sich hier im 19. Jahrhundert ein imposantes Ferienhäuschen, das Schloss Villa Ludwigshöhe eingerichtet.
Der Weinlehrpfad, der neben der Straße von Edenkoben zur Villa eingerichtet wurde, zeigt euch die Geschichte des Weines und wie die Weinherstellung sich verändert hat.
Neben der Villa Ludwigshöhe könnt ihr entweder
zu Fuß auf einem schönen Wanderpfad die Burg erobern oder
euch gemächlich mit einem Sessellift der Rietburgbahn, auf die 535 Meter des Blettersberges tragen lassen.
Für alle Fitness-Begeisterten findet an diesem Wochenende, am Samstag, den 14. September 2019, der Rietburg-Berglauf statt.
Der Lauf hat es in sich. Die Gesamtlänge ist zwar nur 8,2 Kilometer, aber es sind 420 Höhenmeter zu überwinden.
Dieser Lauf wird vom LCO, dem Leichtathletikclub Oberhaardt Edenkoben, ausgerichet. Der Start ist um 16.00 Uhr im Weinstraßenstadion Edenkoben.
Ich habe mich jedoch für die Rietburgbahn entschieden.
Das Zeitlimit von 80 Minuten hätte ich wahrscheinlich um Tage überschritten. Zum Zeitpunkt der Siegerehrung um 18.30 Uhr, im Kurpfalzsaal, in Edenkoben, wäre ich wahrscheinlich immer noch unterwegs.
Während ihr in einer entschleunigenden Fahrt der Burg zuschwebt, wird euch mit jedem Höhenmeter bewusst, dass ihr mit einem Kriminalstück höchster Güte konfrontiert werdet.
Ihr werdet einen haarsträubenden Blick in die Geschichte werfen und die Entführung einer Königin miterleben.
Wenn ihr die Spannung nicht ertragen könnt, empfehle ich euch meinen Artikel
Einsame Entscheidung vor dem Schnullerbaum:
https://steemit.com/deutsch/@chruuselbeeri/einsame-entscheidung-vor-dem-schnullerbaum
Dieser Bericht ist zwar auch nicht an Spannung zu überbieten, hat aber doch noch einige gemäßigtere Züge.
Gut, ihr wollt also die Burg erobern.
An der Bergstation angekommen, führt direkt ein Weg zur Burgruine.
Sofort nimmt euch der atemberaubende Blick auf die Oberrheinebene gefangen.
Bei schönem Wetter habt ihr eine weite Aussicht auf die Ebene.
Riesige Weinanbaugebiete, kleine idyllische Orte, die waldreichen Hügel in der Nachbarschaft des Blättersberges, die Ausläufer des Pfälzer Waldes, könnt ihr von hier oben bestaunen.
Während ihr in der gemütlichen Straußwirtschaft euren Kamillentee trinkt, wird euch allmählich bewusst, dass sich in den Gängen unter euch ein tragisches Schicksal ereignet hat.
Vor 764 Jahren fand die Geiselnahme der Königin Elisabeth und ihres Gefolges hier auf der Rietburg statt.
Ihr Gatte, Wilhelm von Holland war römisch-deutscher König und gehörte der Welfenfamilie der Gerulfinger an.
Der Besitzer der Rietburg war Hermann von Riet. Er fühlte sich den Staufern zugehörig und mischte kräftig in dem damaligen politischen Geschehen mit.
Eine entscheidende Gelegenheit bot sich ihm 1255 n.Chr. .
Königin Elisabeth hatte wohl dringende gesellschaftliche Verpflichtungen auf der Reichsburg Trifels zu erledigen.
Als Tochter des Welfenherzogs Otto I von Braunschweig war sie sehr angesehen. Otto I viele Ländereien und großen Einfluss. So konnte sie wahrscheinlich nicht den Termin absagen.
Im Mittelalter war die Reichsburg Trifels ein Hotspot. Nahe bei Annweiler ragt diese gewaltige Burg auf einem Felsen empor.
Alles was damals Rang und Namen hatte, musste sich dort mal blicken lassen.
So zog also Königin Elisabeth mit einem Gefolge von der Bischofsstadt Worms los.
Und hier beginnen die entscheidenden Fehler.
Sie hatte kein ausreichendes Sicherheitskonzept entwickelt.
Also lasst uns einen forensischen Blick auf das Geschehen im Jahr 1255 werfen.
Was hat Königin Elisabeth falsch gemacht ?
Worauf hätte sie bei ihrer Reise achten sollen ?
Welche Vorkehrungen hätte sie vor ihrer Reise treffen müssen ?
Wie hätte sie einem Hinterhalt entgegenwirken können ?
Wäre die Geiselnahme zu verhindern gewesen ?
Information
Heute kann man in unterschiedlichen Karten nachschauen, welche Regionen und Länder ein # hohes Sicherheitsrisiko haben:
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Aktuelle Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes
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Risk Map 2019, von ControlRisk
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Global Risk Map 2019, der American International Group, von AIG Travel
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Country Risk Map 2019, von drum cussac
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Travel Risk Map 2019, von International SOS
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Kidnap and Piracy Threat Forecast Map 2019, von Garda World
Im Jahr 1255 war die Pfalz teilweise ein Hochrisikogebiet.
Die Streitigkeiten zwischen den Welfen und Staufern brachte ganze Landstriche in Unruhe.
Einzelne Raubritter, die zu einer der Parteien gehörte oder alleine agierten, verunsicherten die Region.
Von daher hätte sich Elisabeth vorher informieren müssen, wie die Sicherheitslage aussieht.
Die Einheimische, die Stadtherren einzelner pfälzer Städte, gutgesinnte Lehensfürsten, Bauern, hätten ihr aktuelle Sicherheitshinweise geben können.
Art des Reisens
Königin Elisabeth reiste mit ihrem Hofstaat. Wahrscheinlich war ihr Reisezug nicht gut gesichert.
Vielleicht war sie mit allerlei Dingen, angenehmer Kurzweil, Vorbereitungen, Zeitvertreib, Belustigungen, beschäftigt, so dass sie die Gefahr nicht erkannte.
Das Gefolge von Elisabeth stellte ein weiches Ziel dar.
Sie hatte wahrscheinlich keinen Personenschutz und keine Truppe, welche die Gegend vorher erkundeten.
Durch ihre herausgehobene Stellung hätte sie jedoch ein Hartziel, mit umfangreichem Schutz darstellen müssen.
Hermann von Riet erkannte diese Schwäche und legte einen Hinterhalt bei dem Ort Edesheim.
Das ganze Gefolge und Königin Elisabeth wurden Gefangen genommen.
Edesheim war nicht weit weg von der Rietburg. Also wurden alle Leute auf der Burg festgesetzt.
Bevor ihr die zweite Runde Kamillentee in der Gastwirtschaft verschüttet, kann ich euch beruhigen.
Die Geschichte ging gut aus.
Die umliegenden Orte haben von dieser ungeheuerlichen Aktion Wind bekommen.
Sie überlegten, was sie machen könnten. Die umliegenden Städte und Fürsten schlossen sich zusammen.
Sie bildeten das Sondereinsatzkommando Hermann. Diesmal traten sie als hartes Ziel auf und ließen dem Burgherrn keine andere Möglichkeit mehr.
Die Geisel wurden am 4. Dezember 1255 endlich wieder frei gelassen.
Die Burg wurde beschlagnahmt. Hermann wurde enteignet und musste die Burg verlassen. Die Rietburg wurde direkt dem König unterstellt und wurde vom Status her eine Reichsburg.
Königin Elisabeth ist mit einem Schrecken davongekommen.
Während ihr die beeindruckende Weite des Oberrheins betrachtet und noch erschüttert seid, obgleich der ungeheuerlichen Geschichte,
hallt der Ruf von Elisabeth aus den Gängen, unter eurem Stuhl :
Carpe diem ,
nutze den Tag,
pflücke deinen Tag.
Wenn ihr einmal an der Rietburg vorbeikommen solltet,
probiert den lieblichen Pfälzer Wein,
genießt den fein duftenden Zwiebelkuchen,
und prostet euch mit einem Schöppchen Kamillentee anerkennend zu.
Alles Gute wünsche ich euch.