Joe Backpacker's scha[r]fe Skala | #1

@joe.backpacker · 2018-03-28 20:28 · deutsch

Das einzige,

was ich jemals von der deutschen „Leitkultur“ übernommen habe, ist es, auf extrem hohen Niveau zu klagen. Seit Jahren jammere ich jedem in meinem Umfeld einen Knopf an die Backe, dass es in komplett Mitteleuropa keine scharfen Speisen zu kaufen gibt. Dieses Verhalten pflege ich auch an meinem Lieblingsort, an dem ich sehr viel Zeit verbringe: die Universität. Das Opfer des Tages war unser Quotenasiate Michael. Er hörte sich meine Tirade über die desolaten Zustände in europäischen Küchen an und wie ich jedes Mal mit einer riesigen Enttäuschung im Bauch Speisen essen muss, die die Deklaration „HOT“ nie im Leben verdient haben.

Als ich gerade Luft holte, um mich weiter in meinem „Leid“ zu ergehen, nutze er die Gunst der Stunde und unterbrach mich mit den Worten:

Halt, Stopp! Da habe ich was für dich.

Er kramte geschlagene fünf Minuten in seiner bodenlosen Tasche, welche mich immer wieder aufs Neue ins Staunen versetzt. In seinem Beutel befindet sich so ziemlich alles, um in unserer Gesellschaft zu überleben, selbst wenn einem gerade das eigene Haus brennend vor die Füße fällt.
Mir bekannte Inhalte sind Ladekabel für alle gängigen Smartphones, ein bis zwei Powerbanks, Stifte, Papier, Zirkel, drei Taschenrechner (Überlebenswichtig, wenn man an einer technischen Universität studiert), ein iPad, Laptop, Taschenlampe UND die Lösung meiner Probleme: super scharfe asiatische Instant-Nudeln! Auf die ich später noch einmal zu sprechen komme.

Joe‘s Skala

Um Euch nicht einfach nur zu erzählen, dass ich gerade richtig scharfes Essen hatte, welches mich ein bis zwei gesunde Organe meines Verdauungstraktes gekostet hat, habe ich mir ein echt scha[r]fes Bewertungssystem überlegt. Das System fängt bei „1“ an, dieser Wert entspricht einem kleinen Pfefferkorn. Die einzige Person die ich kenne, welche bei diesem Wert einen hoch roten Kopf bekommt und mit schlimmen Hustenanfällen reagiert, ist mein eigener Vater. Für mich stellt das ganze keine Bedrohung dar und würde von mir zum bedenkenlosen Verzehr freigegeben werden.

Joe's scha[r]fe Skala

Am Ende steht die „10“, welche den Tod persönlich repräsentiert: dieser Wert ist für alle Speisen und Soßen gedacht, die einen ins Grab hinein- oder wieder heraustreiben können. Die Skalenwerte, welche zwischen diesen beiden Extrempunkten liegen, werden sich im Laufe der Zeit entwickeln, wenn ich euch über verschiede Erfahrungen aus der Welt der scharfen Speisen berichte.

Michaels Lösung

Ich habe schon vieles in meinem Leben ausprobiert, um an scharfe Speisen zu gelangen, doch dieser Ansatz war mir neu. Die eben gezeigten Nudeln werden bei dem Asialaden deines Vertrauens unter der Theke gehandelt und sind knapp davor, unters Waffengesetz zu fallen. Diese voll synthetische Mischung wurde in fernöstlichen Laboren entwickelt und von alten Senfgasanlagen produziert; der natürlichste Bestandteil des Produktes ist das Erdöl in der Plastikverpackung.

Allein durch das Öffnen der Verpackung zieht sich einem bereits alles im Verdauungstrakt zusammen und jede einzelne Faser schreit um Gnade. An dieser Stelle allerdings schon aufzugeben ist keine Alternative, denn ich habe viel zu viel gejammert, um jetzt einzuknicken und ich muss sagen: es hat sich gelohnt!

Nach jahrelangem Training mit Tabasco und Co. war ich dem Irrglauben unterlegen, mich könne gar nichts mehr schocken aber hier musste ich schnell einsehen, dass Etwas nicht mit rechten Dingen zuging. Die anfänglichen Schmerzen an der Zungenspitze weiteten sich rasend schnell zu stechenden Schmerzen im kompletten Mundraum aus und wollten bei besten Willen nicht schwächer werden. Als ich mit leichten Schweißausbrüchen feststellte, dass ich gerade mal zwei Löffel von einem ganzen Topf geschafft hatte, musste ein Plan her!

Geschwindigkeit ist alles

Es kann nur dann scharf schmecken, wenn es im Mund ist. Also galt es nur die Distanz zwischen Topf und Magen möglichst schnell zu überwinden und sich dampfend heiße Nudeln in Rekordzeit einzuverleiben. Das größte Problem bei solch schmerzenden Speisen ist, dass man ab einem gewissen Zeitpunkt nicht mehr unterscheiden kann, ob man sich jetzt wirklich die Zunge verbrennt, weil das Essen noch viel zu warm ist oder ob die selben Rezeptoren (Capsaicin), welche auf Hitze reagieren, einfach nur viel zu stark auf die Schärfe anspringen. Für mich war dieses Phänomen nichts Neues und ich kämpfte mich in unter fünf Minuten durch das komplette Gericht durch.

Leider ging mein Plan mit der Geschwindigkeit nicht ganz so gut auf, wie ich mir das vorgestellt hatte und ich leidete weitere 20 Minuten vor mich hin. Dabei lernte ich Ausscheidungen meiner Schleimhäute kennen, die ich selbst nicht für möglich gehalten hatte und um das ganze Leid etwas schneller zu beenden, hielt ich meine Zunge einfach unter fließendes, kaltes Wasser. Diese Mundspülung war meine letzte Hoffnung und zum Glück wurden meine Schmerzen etwas gelindert.

Fazit

Auf Joe’s Scha[r]fer Skala, eine klare 7 von 10. Ein harter Schlag auf meine Schmerzrezeptoren. Ich würde noch etwas höher gehen, wenn der liebe Michael nicht noch zwei weitere Asse im Ärmel gehabt hätte. Von denen berichte ich Euch aber lieber ein nächstes Mal, wenn es wieder heißt: Joe is[s]t heiß.

Liebe Grüße, Euer @joe.backpacker

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