Wie kam es zum Altenheim
Mit 17 Jahren, nach meinem Realschulabschluss, völlig planlos bezüglich meiner beruflichen Zukunft, entschied ich mich dazu ein FSJ ( Freiwilliges-Soziales-Jahr) zu machen. Gesagt, getan. Die FSJ-Vermittlung befragte mich nach Vorlieben und persönlichen Wünschen. Nach einem kurzem Gespräch stand fest, dass mein Arbeitsplatz für das nächste Jahr ein Altenheim, ganz in meiner nähe, sein wird.
Meine Vorstellung von einem Altenheim
Nun ja, mit 17 Jahren und sehr unerfahren, stellt man sich ein Altenheim ganz anders vor als es tatsächlich ist. Ich stellte mir vor, dass um die 15-20 hilfsbedürftige Menschen zusammen in einem großen Raum, an großen Esstischen sitzen und ab und zu jemand Hilfe beim Gang zu Toilette braucht. Bei ganz schweren Pflegefällen muss man den Hintern nach dem Geschäft sogar abwischen!
Natürlich hatte ich auch schon von Demenz und Alzheimer gehört. Meine Vorstellung davon waren ein paar verwirrte Herren und Damen, die halt gerade mal vergessen wie viel Uhr es momentan ist. Leute die vergessen haben, dass der nächste Edeka nicht rechts die Straße lang ist sondern links. In ganz schlimmen Fällen kann Demenz sogar dazu führen, dass man die Namen seiner Mitmenschen vergisst.
Dass meine Vorstellungen total leichtsinnig und Harmlos waren, wurde mir spätestens nach meinem ersten Probearbeitstag klar.
Probearbeitstag im Altenheim
Um sicher zu gehen, dass mein Arbeitsplatz für das nächste Jahr auch wirklich im Altenheim als Pfleger sein wird, stand zuerst ein Probearbeitstag vor der Tür.
Ich betrat die Wohnanlage.Ein unglaublich unangenehmer Geruch packte meine Nase. Auf dem Weg zum Pflegestation sah ich lauter Menschen in Rollstühlen welche sehr laute undeutliche Geräusche von sich gaben. Schockiert, konnten sich meine Blicke auf diese Menschen nicht abwenden. Ein totales Gefühlschaos spielte sich in mir ab:“ WO VERDAMMT NOCHMAL BIN ICH HIER GELANDENT ?“ Ich versuchte ruhig zu bleiben und nahm den Weg zu den Pflegekräften auf. Ich kann mich an diesem Tag nur an eine Kollegin erinnern, hoffentlich begrüßte ich das ganze Kollegium. Es wurde nicht lange herumgeredet und die Arbeit begann.
Es war Morgens, die Bewohner wurden geweckt und gewaschen. Ich betrat mit der Kollegin ein Zimmer in dem eine Frau mit Rollstuhl, im Bad gewaschen wurde. Diese Frau war hoch demenziell erkrankt, ganz dürr und voller kontrahierter Gliedmaßen. Sie rief in einer Tour:“Hallo, hallo, hallo, hallo“(Demenz bedingt). Komplett nackt saß sie im Rollstuhl und wurde von der Pflegekraft gewaschen, komplett von oben bis unten.“Ich Packe das auf keinen Fall, verdammte scheiße ich will hier weg“, waren meine Gedanken. Die Kollegin sagte zu mir:“ Wenn es dir zu viel wird, kannst du gerne kurz aus dem Raum gehen“.“Nein, nein sagte ich. Alles super“.
Nach dem waschen der Bewohnerin war mein Probetag auch schon vorbei. Ich wurde gefragt wie ich es empfunden habe und ob ich mir vorstellen könnte hier zu arbeiten.“ Na klar, es hat mir gut gefallen und ich freue mich hier anfangen zu können“, sagte ich. Keine Ahnung was mich zu den Aussagen geritten hat, aber heute bin ich dankbar dafür.
Ich habe das FSJ durchgezogen. Nach kurzer Zeit habe ich Ängste und Ekel überwunden. Ich denke, dass jeder erst mal geschockt sein wird, sobald man das Leben einer Pflegekraft mitbekommt, jedoch gewöhnt man sich schnell daran.
Es es entwickelte sich sogar dahin, dass ich diese Tätigkeit leben und lieben lernte. Es macht mich heute persönlich und beruflich zu dem was ich jetzt bin.
Vielen Dank für's lesen
Liebe Grüße
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