Hallo meine Lieben,
ich mache nun wirklich keinen Hehl daraus, dass ich ein waschechter Ossi bin- nee, geht auch bei noch so starkem Schrubben mit einer Wurzelbürste nicht weg. Soll es auch nicht....und auch nach 28 Jahren hört man das Sachsenmädel ab und an noch durch, obwohl sich die Niedersachsen ja einbilden, dass sie das beste Hochdeutsch sprechen :-)
Als ich mich ans Licht der Welt gekämpft hatte stand die Mauer schon. Ich bin also ein Mauerkind- egal ob ein Vor- oder Hinterdermauerkind. Kommt ja auf die Betrachtungsseite an. Meinen Eltern sei Dank, verlief meine Kindheit sehr behütet und liebevoll. Ich bin in den Kindergarten gegangen, wie alle anderen Kinder auch (den ganzen Tag), denn meine Eltern gingen ja zur Arbeit.
Mein Vater hatte Maschinenbau studiert und war auch sonst eben handwerklich sehr begabt. Jedenfalls wohnten wir in einer recht hügeligen Gegend mit perfekter Tal-Lage. Soll heißen, das noch nichtmal der Qualm der Kohleöfen bei ungünstiger Witterung ordentlich abziehen konnte. Ihr hab ja alle sicherlich schon vom "Tal der Ahnungslosen" gehört. So war das also damals auch. Ja, wir hatten einen Fernseher (so ein kleines handliches Röhrengerät mit modischen schwarz-weiß Tönen) und dem ersten Programm der DDR- so "Schwarzer Kanal" und "Willi Schwabes Rumpelkammer". Aber mehr war da bei besten Willen nicht reinzubekommen mit unserer Antenne. Bei meinen Großeltern auf'm Berg war das schon wieder anders. Dort traf sich dann am Sonntag die ganze Sippe und saß versammelt am großen Wohnzimmertisch und schaute die Sportschau (dort hatte man wenigstens etwas Empfang des ARD oder ZDF vom Ochsenkopf).....Sagt ja manchen vielleicht was.
Nun ist mein Vater ein leidenschaftlicher Bastler gewesen. Einerseits bedingt durch seinen Beruf, andererseits gab es ja nix zu kaufen- also selbst ist der Mann und repariert vom Auto bis zum Gartenzaun alles- baut seiner kleinen Prinzessin sogar ein Puppenkarussell mit Motor und allem Schnickschnack.... Jedenfalls hatte er sich das Ziel gesetzt, in unserer ausgezeichneten Tal-Lage auch Westfernsehen zu schauen.... Wissen durfte das ja keiner :-) Mein Papa hatte also eine entsprechende Antenne gebaut und ist damit auf den Dachboden gegangen, Koaxkabel an der Hausfront nach unten aus dem Bodenfenster geworfen (die Antenne musste ja unter dem DAch für Empfang sorgen) und das andere Ende durchs Wohnzimmerfenster rein und am Fernseher angeschlossen. Soweit sogut. Nun kam das Geschrei!
"Wie ist jetzt das Bild?"
"Kein Bild!"
"....jetzt?"
"Nein, nix!"
".... stopp! Dreh nochmal zurück- da war was...."
"Jetzt?"
"Schatten!"
".... und jetzt?"
"Bild ganz gut, aber kein Ton.....!"
Das konnte dann schon mal ein paar Stunden so gehen und ich erinnere mich noch so genau daran, als wäre es gestern gewesen und muss immer wieder grinsen.
Jedenfalls sollte wir Zwerge im Kindergarten ein paar Tage später unsere Eltern malen bei einer Tätigkeit, die sie oft und gern daheim machten. Was malt denn die kleine Romy? Richtig! Sie malt ein Haus (hatte sogar Ähnlichkeit mit unserem, wenn man mal die Anzahl der Fenster als Kriterium zugrunde legt). Das Haus hatte ein ein hübsches rundes Dachbodenfenster. Aus dem Fenster schaute ein Kopf mit kurzen Haaren (also kann es nur mein Vater gewesen sein, denn meine Mutter hatte zu diesem Zeitpunkt noch lange Haare und Rapunzel heißt sie ja auch nicht). Dazu gab es dann einen Strich nach unten zu "unserem Wohnzimmerfenster"- klar, das Kabel. Dann kam ich ins Spiel. Ich war dann am Wohnzimmerfenster zu sehen (auch wieder eindeutig identifizierbar an meinen beiden Zöpfen) und musste ja immer nach oben rufen, was mir Mutter vom Fernseher aus zu rief. :-)
Ich hatte ein wirklich schönes Bild gemalt (meine Eltern haben es aufbewahrt), dachte ich jedenfalls damals. Ich wußte ja, dass ich darüber nicht sprechen durfte. Ja, dies hatte ich mit meinen fünf oder sechs Jahren schon verstanden. Ich wollte ja auch nicht, dass meinen Eltern irgendwas passiert. Aber, dass ich das so besser nicht gemalt hätte, war mir ja absolut nicht klar. Jedenfalls gab das richtig mächtig Ärger damals und meine Eltern mussten im Kindergarten antanzen und bekamen ganz sicher nette Worte zu hören. Na ja, ich weiß nicht wie, aber irgendwie haben sie sich aus dieser fatalen Geschichte gerettet, ohne dass einer von Beiden nach Bautzen oder sowohin verfrachtet worden wäre. Ich jedenfalls hab dann nur noch ausgemalt :-)
Die Idee, Euch diese kleine Geschichte zu erzählen kam mir vorhin, als im mit dem Kleinen auf dem Weg zur Ergo im Autoradio hörte, dass die Mauer heute genauso lange weg ist, wie sie stand.... Na ja, leider wohl aber immer noch in manchen Köpfen vorhanden. Ach ja- und ich führe jetzt eine Mischehe.... Hab ich da nun zwei Mischlingskinder....? Grübel...... :-)
Danke, dass Ihr bis hierher durchgehalten habt und mein Kindheitserlebnis aus dem wilden Osten gelesen habt. Wenn es Euch gefällt, dann lasst gerne einen Kommentar hier. Zur Belohnung hab ich eins meiner Lieblingslieder von Karussell für Euch (weil ich vorhin vom Puppenkarussell geschrieben hatte).
Eure Romy