Von der Entropie zum Bewusstsein [Teil 2]

@lauch3d · 2018-12-05 20:07 · science

Nun kommen wir von Entropie (im letzten Artikel) zur Wahrnehmung und im nächsten und letzten Teil zu äußeren Ereignissen (wie unserem Cryptocrash oder jedem anderen mysteriösen Entropieverzweigungspunkt aka. Katastrophe wie ihn Chapper in seinem Artikel ansprach).

[Von Charles Lowe, CC0 Wikipedia] Nur zur Orientierung: Kognitionswissenschaften sind diese hier, (u.a. auch künstliche Intelligenzforschung). Erkenntnisse über unser Hirn und unsere Wahrnehmung kommen also längst nicht mehr nur aus der Biologie.

Der Sinn des Lebens ist lokal Entropie zu vermindern um weiterzuleben...

Hast du dich schon mal gefragt ob die Natur eigentlich mathematisch ist? Wo doch unsere Wissenschaft und Mathematik darauf so gut anzuwenden ist?

Biotische-lebende Systeme sind thermodynamisch offene Systeme, in dem Sinne als dass ein Austausch von Energie und Entropie mit der Umwelt statt findet. Wir sind selbst organisiert, dissipativ und agieren weit vom Gleichgewicht ((Ashby, 1947; Nicolis und Prigogine, 1977; Haken, 1983; Kauffman, 1993)). Wir mindern lokal Entropie und wehren uns gegen die Zerstreuung. Wir halten uns also in festen Grenzen. Mehr noch, wir navigieren uns selbst so durch die Umwelt, so dass wir Phasenübergänge vermeiden die unsere physische Integrität gefährden.

[Pixabay CC0]

Ein Tropfen Farbe in einem Wasserglas wird sich dispers verteilen. Würde er sich hin zu seinem Zentrum organisieren und sich immer wieder zusammenziehen und sich gegen die Zerstreuung wehren, würde man meinen, dass der Tropfen lebt. Das wäre eine lokale Entropie-Minderung, entgegen der Tendenz, dass die Entropie/Zerstreuung im Universum immer zunimmt.

Bayesian Brain Hypothesis und Free-Energy-Principle

Mathematisch ein nach oben Klettern auf der Wahrscheinlichkeitsverteilung von der Position, wo das einzelne Farbmolekül eigentlich sein sollte. Und diese Wahrscheinlichkeitsverteilung ist die selbe, wie jene die wir in der Wissenschaft Baysian-Model-Evidence nennen. Also die Dynamik eines jeden Systems welches über eine gewisse Zeit sich nicht der Zerstreuung hingibt (also alles was wir Leben nennen), ergibt im Schnitt, dass die Zustände die das System ausmachen und von seiner Umwelt unterscheiden, sich so verändern/fließen, dass sie die Model-Evidenz maximieren. (Friston et al. 2006)

Das bedeutet, dass wenn ein solches System existiert (so wie wir) wird es den Anschein machen, als hätte es ein Model von der Welt, als würde es Baysian-Model-Evidence maximieren. Das bedeutet auch, dass wenn wir es untersuchen, es (z.B. unser Hirn) die selben Modele zu nutzen scheint, die wir nutzen um sein Model-Verhalten zu modellieren... Hier kann man sich fragen wer hier wen verarscht.

Unser Hirn so scheint es, ist auf allen Ebenen ein Statistisches Modell seiner Umwelt.

Der Fakt dass du als lebendes System existierst, führt dazu, dass du so lebst als würdest du Model-Evidenz für deine eigene Existenz maximieren.

Das bedeutet, es gibt Modelle mit denen wir die Modelle beschreiben können, mit denen wir den Anschein machen, die Evidenz für unsere eigene Existenz zu maximieren (darum funzt Mathe und Wissenschaft so gut). Diese Bayesian-Brain-Hypothesis findet tatsächlich starke Evidenz in den Modellen mit denen wir unsere inneren Modelle beschreiben. Künstliche Intelligenz und künstliche Neugierde ist somit kein Problem, da es definitiv Modelle gibt die beschreibbar sind, wir brauchen sie nur aufzusammeln. (Friston et al. 2006; Friston et al. 2013)

Wahrnehmen heißt phantasieren, einfach weil wir es können und müssen.

Der Zusammenhang von Entropie und Wahrnehmung ist zunächst nicht wirklich klar gebe ich zu. Er resultiert daraus, dass wir bestrebt sind uns selbst zu erhalten. Das geht jedoch nicht, wenn man verschwenderisch ist. Darum ist es günstiger mit statistischen Modellen die wir per Evolution in uns tragen und die wir selbst verkörpern, eine Realität zu phantasieren die statistisch gesehen auf das passen könnte was da draußen sein soll.

Und wenn es mal nicht passt und wir dahinter kommen

https://www.youtube.com/watch?v=G_Qwp2GdB1M

Daraus ergeben sich auch jene Einschränkungen die wir als Illusionen bezeichnen. Wie unsere Unfähigkeit hohle Gesichter sehen zu können oder die Illusion Farbunterschiede zu erkennen, wo keine sind. [Wikipedia. By derivative work, CC0]

Statistisch ist das was du siehst, die beste Erklärung für das, was laut Plan und oder Gelerntem die Ursache sein könnte. Dein sensorischer Input wird also überhaupt nicht für die Generierung des inneren Bildes direkt heran gezogen. Der Input deiner Netzhaut wird nur Stichproben-artig beprobt und zum Abgleich herangezogen und nicht zur Erstellung des inneren Bildes genutzt.

Sehen und generell Wahrnehmen hat also nicht soviel mit den Augen und Sinnesorganen zutun, wie uns die Schulbücher immer glauben machen wollten. Es ist eine durch das Model ("by evolutionary design and lerning") antizipierte/vorweggenommene Phantasie, welche absolut ausreicht bzw. sogar unsere physische Integrität maximal sichert wie es "richtige Wahrnehmung" nicht könnte.

Quellen:

Friston et al. 2013. Active Inference a Process Theory

Friston et al. 2006. A free energy principle for the brain

Ashby, W.R., 1947. Principles of the self-organising dynamic system

Nicolis, G., Prigogine, I., 1977. Self-organisation in Non-equilibrium Systems

Haken, H., 1983. Synergistics: An introduction. Non-equilibrium Phase Transition and Self-organisation in Physics, Chemistry and Biology

Kauffman, S., 1993. Self-organisation on Selection in Evolution

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