Ich kann mich noch genau erinnern, wie ich in der Unterstufe zum ersten Mal über Schachboxen gelesen habe. Ein Wettkampfsport, bei dem man abwechselnd eine Runde Schach spielt und eine Runde boxt. Ich fand damals die Idee spannend, zwei so scheinbar entgegengesetzte Aktivitäten miteinander zu verbinden.
Wieviel Strategieentwicklung, Mustererkennung und agile Lösungsfindung hinter Boxen steckt, habe ich erst realisiert, als ich selber damit angefangen habe.
Mir ist gestern beim Sparring jedoch eine weitere Parallele zwischen Boxen und Schach wie Schuppen vor den Augen gefallen.
Ich habe vor einigen Jahren aufgehört Schach zu spielen, weil es sich zunehmend mehr wie ein Kampf ums Überleben angefühlt hat als ein netter Zeitvertreib. Man investiert unfassbar viel Energie darin, alle möglichen Ausgänge zu erfassen und einen Plan zu entwickeln, um heil an das Ziel zu gelangen. Und man möchte nicht, dass all diese Mühe umsonst gewesen ist. Gleichzeitig würde ein Verlust darauf hinweisen, dass die eigenen Ressourcen unzureichend sind. Deshalb fühlt sich jeder Zug, bei dem man keinen Fehler macht, auch wie eine Erleichterung an. Solange man keinen Fehler macht, hat man ein Gefühl von Kontrolle. Sobald der Gegner einen unerwarteten und geschickten Zug tätigt, hat man das Gefühl, er würde etwas erkennen, etwas sehen, was man selber nicht sieht. Dieser Kontrollverlust triggert daraufhin eine Folge von Selbstzweifel und Angst, die einen in eine kontinuierlich schlechtere Position bringt. Boom: man ist in der Downward Spiral.
Als mich gestern ein Schlag von meinem Sparringpartner komplett aus dem Konzept gebracht hatte, bis irgendwann der Pfiff kam, fühlte ich mich zum ersten Mal zurückversetzt in die Zeiten in denen ich mich in genau so einer Downward Spiral in Schachspielen befand.
In solchen Momenten wird einem bewusst wie essentiell emotionale Selbstregulation für die Erreichung von Zielen ist. Wo Strategie das Schwert ist, da ist Selbstregulation das Schild.
Während ich das schreibe, muss ich daran denken, wie alles auf der Welt irgendwie miteinander verbunden ist. Denn eigentlich habe ich bis eben über lineare Regression, bei der Fehler bei Vorhersagen quadriert werden, nachdenken müssen, als mir wieder die Sache mit dem Downward Spiral einfiel.
Vermutlich kann alles in der Welt durch Kurven beschrieben werden, welche gierig auf ein Momentum warten. Wenn man aber realisiert, dass diese Kurven eigentlich Teile von Wellen sind, kann man sich vielleicht eher aus der Downward Spiral befreien.
Denn emotionale Selbstregulation ist das Momentum.
Und danach kommt der Upward Spiral.