Hallo liebe Community,
ich wollte schon lange mal darüber schreiben, auch nachdem ich letztens bei @der-prophet den Satz gelesen hatte:
"Dadurch konnte ich meinen Stundenlohn von 13,50 € auf 50 € steigern." (Hier)
Das sieht ja nett aus. Aber kann man den Stundenlohn eines Angestellten mit dem Stundensatz eines Selbständigen vergleichen?

So direkt kann man es nicht vergleichen, hier mal paar Punkte die mir so einfallen die man beachten sollte.
Wobei nicht alles auf jeden Arbeitnehmer und vorallem nicht auf jeden Selbständigen zu trifft.
Arbeitgeber Anteil
Zu deinem Bruttolohn zahlt der Arbeitgeber auch noch zusätzlich einen Arbeitgeberanteil. Er zahlt nochmal extra in die Sozialversicherung, Umlage und an die BG (Berufsgenossenschft)
Das was man somit auf der Lohnabrechnung sieht ist nicht alles was der Arbeitgeber für einen zahlt.
Berufsgenossenschaft
Der Arbeitgeber zahlt je nach Branche einen gewissen Prozentsatz des Arbeitslohnen zuätzlich an die Berufsgenossenschaft. Wie hoch hängt dabei im Grunde davon ab wie wahrscheinlich Unfälle/Berufskrankheiten sind und wie teuer diese sind.
Wer schon mal einen Arbeitsunfall hatte, weiß das diese Versicherung Gold wert ist, man wird bei Behandlungen wie ein Privatpatient, behandelt, wenn nicht sogar besser. Statt Wochen auf Untersuchungen warten zu müssen (bei gleichen Beschwerden, die nicht auf einem Arbeitsunfall beruhen), erhält man diese fast schon binnen Stunden. Gerade wenn es um Untersuchungen wie CT oder MRT geht.
Urlaub
Ein wichtiger und oft nicht bedachter unterschied ist, dass man als Arbeitnehmer mind. 20 Arbeitstage Urlaub hat, bei einer 40 Stundenwoche sind das 160 bezahlte Stunden. Statt 2080 Arbeitsstunden die bezahlt wird muss man nur noch 1920 leisten.
Aus 13,50 werden bereits dadurch 14,625 Euro.
Es gibt viele Arbeitnehmer die 30 Tage oder mehr haben. Dann sind das nich mal 80 Stunden oder mehr, die weniger zubarbeiten sind.
Aus 13,50 werden bereits dadurch 15,26 Euro.
Feiertage
Es gibt in Deutschland 4 Feiertage, die Bundesweit sind und immer auf einen Wochentag fallen und somit bezahlt werden.
Karfreitag, Ostermontag, Christi Himmelfahrt und Pfingst Montag.
Damit verkürzt sich die Jahresarbeitszeit um weitere 32 Stunden auf 1808 Stunden.
Aus 13,50 werden bereits dadurch 15,53 Euro.
Je nach Region und Jahr, können da noch mal einige Tage dazu kommen.
In diesem Jahr 1. Januar, 1. Mai, 3. Oktober, 25. und 26. Dezember, die in allen Bundesländern gelten.
In der Regel (so kenne ich es) Heiligabend und Silvester je 1/2 Tag.
Damit 7 Tage = 56 Stunden.
Aus 13,50 werden bereits dadurch 16,03 Euro.
Weitere regionale Feiertage wie Heilige drei Könige, Reformationstag, Allerheiligen, Buß und Bettag Fallen in diesem Jahr auf einen Wochentag.
Feiertagszuschläge
Je nach Branche gibt es für Arbeitnehmer Feiertagszuschläge, die SV und Steuerfrei sind bzw. Sein können. Damit steigt der Stundenlohn für diese Tage teils deutlich. Als Selsbtändiger kann man zwar an den Tagen ggf. Höhere Sätze verlangen, jedoch sind diese nicht Steuerfrei.
Krankheit/Krankenversicherungen
Dies ist ein sehr Komplexes Thema und nicht so einfach zu vergleichen.
Als Angestellter erhälst du 6 Wochen Lohnfortzahlung, danach Krankengeld. Was anhand der letzten Lohnabrechnungen berechnet wird. Der Beitrag wird direkt vom Lohn einbehalten und der Arbeitgeber zahlt seinen Anteil zusätzlich.
Als Selbständiger musst du Krankengeld explizit versichern, hast dabei unterschiedliche Wahlmöglichkeiten, ab wann Krankengeld gezahlt wird. Dabei wird es natürlich teurer Je eher es gezahlt wird. Also ob erst ab Tag 42 oder nach 15 Tagen.
Privat Versichert kann man auch ab Tag 1 wählen, was recht teuer ist. Nicht so einfach zu entscheiden was Sinnvoll ist.
Bei der GKV (Gestezliche Krankenversicherung) hängt der Beitrag vom Gewinn ab und es gibt eine Bemessungsgrenze, d.h. ein Höchstsatz auf den die Versicherung zu zahlen ist.
Bei der PKV (Private Krankenversicherung), hängt der Beitrag nicht vom Gewinn, sondern vom Alter, Risiko (Gesundheitszustand) und Tarif, also den Leistungen ab.
Man sollte sich gut überlegen, was man wählt und bedenken, das ab 55. eine Rückkehr in die GKV schwierig bis fast unmöglich ist. Leider gibt es viele Fälle von selbständigen, die sich für die PKV entschieden haben und diese nicht mehr zahlen können und in die GKV nicht zurückkehren können.
Vielleicht habt ihr von dem einen oder anderen Promi gehört, der das Problem hatte. Ich selbst kenne auch nicht Promis, die das Problem hatten/haben und somit ohne KV da stehen.
Dies ist natürlich mit einzurechnen bzw. zu bedenken.
Nachbessern/Gewährleistung
Natürlich kann es schon mal vorkommen, das man etwas Nachbessern muss, weil es aus unterschiedliche gründen nicht in Ordnung war. Oft, nicht immer arbeitet man dann als selbständiger gratis. Was den effektiven Stundenlohn mindert.
Abrechnungsintervall
Als Selbständiger rechnet man in der Regel selten Minutenweise ab (gibt es aber auch), oft pro 15min. oder halbe Stunde.
Anfahrt
Als selbständiger lässt man sich in der Regel die Anfahrt auch bezahlen. Auch bei Angestellten gibt es Ausnahmen wie bei Außendienstmitarbeitern, wo bereits bei starten im Auto es als Dienstzeit gilt oder wrnn man auf Montage fährt.
Urlaubs und Weihnachtsgeld
Erhalten natürlich nicht alle Arbeitnehmer, manche nur eine kleine Pauschale, andere als 13. oder gar 14. Monatsgehalt.
Boni
Manche Angestellte erhalten auch unterschiedliche Bonis, selsbtändige eher selten als "Trinkgeld" für ihre gute Arbeit.
Dienstfahrzeug
Als selbständiger kann man je nachdem das Fahrzeug mit ansetzen (je nach Fahrzeug anteilig oder gar zu 100%).
Als Angestellter kann es dein, das man ein Fienstfahrzeug erhält. Hier kann es unterschiedliche Regelungen geben. Inkl. oder exkl. privater Nutzung ist möglich. Je nach Fahrzeug ist ein Geldwerter Vorteil zu versteuern.
Aufschlag auf Material
Je nach Branche kann man ggf. als Selbständiger Material mit abrechnen und das mit einem Aufschlag. Dies wird glaube aber immer schwieriger dank des Internetes. Hier vergleichen die Kunden immer und dann hängt es vom gesamten ab.
Natürlich muss man die Zeit für die Beschaffung auch mit einrechnen.
Buchführung, Rechnungen, Angebote, Akquise...
Selsbtsändig kommt von selbst und ständig. Auch wenn man nicht beim/für den Kunden arbeitet, hat man dennoch was zu tun.
Auch dies muss eingerechnet werden in die Arbeitszeit. Und nein es gilt hier nicht die Ausrede: "ich schreibe Rechnungen neben bei und es ist keine Arbeit".
Hier können im Monat auch schon einige Stunden für drauf gehen.
Fazit
Ich glaube das langt aus um einmal aufzuzeigen, dass es nicht so einfach ist die Stundenlöhne einfach anhand des Wertes zu vergleichen. Vom sehr unterschiedlichen Risiko habe ich noch nicht gesprochen und wie unterschiedlich der auch je nach Rechtsform sein kann.
Es gibt noch sehr vieles was man erwähnen könnte, wie das man andere für einen Arbeiten lässt, was auch bei Angestellten sein kann (Vorarbeiter, Linienführer...), aber auch da gibt es Risiken für den Selbständigen.