Das Ende ist am schönsten!

@serylt · 2019-08-04 17:00 · deutsch

"Steemit ist todt! Steemit bleibt todt! Und wir haben es getödtet! Wie trösten wir uns, die Mörder aller Mörder?"


Wir schreiben das Jahr 2017. Kryptowährungen sind der letzte Schrei. Jeder hat sie, jeder will sie haben. Viele sehen darin den Weg zum schnellen Geld, andere sehen in ihnen Freiheit. Und ich? Ich dachte eine Möglichkeit gefunden zu haben, um mich selbst zu verwirklichen und herauszufinden was ich denn am besten kann, ob ich etwas neues über mich lernen kann. Selbstverwirklichung, kurz gesagt. Mit Steemit dachte ich zumindest eine – wenn nicht sogar die – Möglichkeit gefunden zu haben. Und dann sagte man mir, ich erhalte sogar noch Geld dafür? Da war ich natürlich sofort bereit mir einen Account anzulegen.

Gleich zu Beginn versuchte ich herauszufinden, was denn der Usus auf Steemit ist und startete sogleich mit einem Vorstellungspost. Daraufhin folgte kurz darauf, voller Enthusiasmus, ein Beitrag über Luchse – die ganz einfach tolle Tiere sind – und entsprechenden, selbst aufgenommenen, Fotografien dieser schönen Tiere. Sogleich fand ich auch schnell Anschluss in der DACH-Discord-Gruppe und, zugegebenermaßen, bin ich an den dort gefundenen Kontakten gewachsen. Wir hatten vielleicht nicht viel Gemeinsam, aber die Abende im Sprachkanal waren sehr erheiternd.

Kurz darauf nahm ich an der Neulingschallenge teil und veröffentlichte auch den ersten Beitrag mit teilweise-wissenschaftlichen Anspruch, was mir auch im Endeffekt die STEM-Community auf Steemit näher brachte. Auch eine Zeit, die ich teilweise nicht wirklich missen will.

Je länger man in einer Gemeinschaft ist und je länger man mitarbeitet, umso mehr gewinnt man einen Überblick und umso mehr flaut diese erste Begeisterung und Überwältigung ab. Mit zunehmenden Wochen und Monaten traf ich häufiger auf die politischen Beiträge – und ich als ein sehr politischer Mensch bin darauf natürlich eingegangen. Anfangs, so gebe ich gerne zu, dachte ich, dass ich nur ein paar unbedeutende Beiträge von unbedeutenden Probleme unter "Neue Beiträge" gefunden habe; denn hier kann jeder etwas schreiben und teilen. Vollkommen ungefiltert und ohne Zensur. Wenn es dir nicht passt, dann steht es trotzdem auf der Blockchain – für immer. Niemand kann das zurückziehen, revidieren, löschen.

Das politische Meinungsbild auf Steemit scheint, besonders in der deutschen Gemeinschaft, bereits sehr stark von einer Seite aus geprägt zu sein. Der rechts-libertären Seite. Was mich zu der Krux an der ganzen Sache bringt.

Mit Steemit verbinde ich bei weiten nicht nur schöne Erinnerungen. Im Gegenteil. Dieses "soziale Medium" ist wegen seiner behaupteten "Zensurfreiheit" und "Medienalternative" ein wahrer Magnet für all diese, die sich selbst "libertär-irgendwas" nennen möchten. Hauptsache, sie können hier irgendwie gegen Steuern und Staat wettern und geflissentlich die bestehende Infrastruktur für gegeben hinnehmen. Und man sage bitte nicht "soziale" Medien, denn "sozial" ist "Sozialismus" und der ist gefährlich und den wollen wir hier nicht haben, oder so. Man möge es lieber "freie Medien" nennen, weil "frei" natürlich inhärent gut ist. Ein solch absurder Vorschlag und eine solch abstruse Wortklauberei stößt hier bei Steemit nicht auf Verwirrung oder gar Ablehnung, sondern wird sogar befürwortet und unterstützt. Merkt ihr noch was, oder seid ihr schon so in eurer Blase gefangen?

Schlimmer noch ist der politisch-gemäßigte Teil der DACH-Community, welcher sich nicht traut die Schnauze aufzumachen. Stattdessen versteckt man sich hinter dem Mantel, dass man doch "keine Politik machen wolle" und lässt somit den rechtsesoterischen Spinnern freien Lauf. Im Geheimen sich darüber beschweren, wie das nicht sein kann, ist nur der erste Schritt in die richtige Richtung. Mir musst du nicht sagen, dass es dich genauso stört. Dann nutze deine "VP" und setze eine Flagge und schreibe einen Kommentar – aber oh schreck! Es ist zu spät und "es sind zu viele". Es sei "aussichtslos" und "nicht der Mühe wert" sagst du? Tja, wie kam es nur dazu. Wer jemandem willentlich und regelmäßig eine Bühne gibt, der muss sich nicht wundern, wenn diese Bühne erneut eingefordert wird. Die Plattform ist nun hier, wenngleich von ihr nichts mehr zu erwarten ist. Weder inhaltlich noch technologisch behaupte ich, dass irgendwelche Entwicklungen hier noch stattfinden werden. Steemit ist tot und vielleicht ist das besser so. Persönlich habe ich mit Steemit, spätestens mit diesem Beitrag, vollends abgeschlossen. Ein paar der Kontakte, die ich hier machen konnte, behalte ich jedoch in guter Erinnerung. Andere wiederum nicht. So ganz persönlich kann ich nur sagen, dass ich auf diese Zeit nun zurückblicke und aus meinen Erfahrungen durchaus gelernt habe. Für mich hat dies durchaus etwas positives, obwohl ich bisher nicht einen einzigen Cent Profit mit Steemit als solches machen konnte.

Und ihr, die ihr euch bereits wutentbrannt angesprochen fühlt, seid in eurer Blase gefangen. Für euch gibt es in eurer Blase scheinbar nur den Rand'schen Libertarismus und Kryptowährungen als wahre Lösung auf alle Probleme. Wer mal etwas auf neunmalklug machen möchte, der schlägt lieber die "österreichische Schule" vor. Manch einer von euch baut noch etwas Weltuntergangsfurcht, AfD-Polemik und Prepper-Beiträge mit ein, natürlich. Ist ja nicht alles eine homogene Masse. Manche fürchten den Kollaps mehr als andere, aber alle beschwören ihn herauf. Falls doch neue Leute dieser Community beitreten möchten, kommt ihr Spinner mit eurer Nischenideologie und vertreibt dann diejenigen willentlich, die sich gegen eure Ansichten aussprechen und nennt sie dazu noch "Denunzianten", "Blockwarte" und werft ihnen weitere, schlimmere Beleidigungen hinterher. Und das nur, damit ihr im gleichen Atemzug jammern könnt, wie nicht genügend Leute Steemit doch nutzen würden, als wüsstet ihr den Grund nicht. Schlimmer ist doch nur, dass ihr das wohl echt noch alles zu glauben scheint. Eure Menschenkenntnis ist jedenfalls nicht die beste, glimpflich ausgedrückt. Zugegebenermaßen, ich rede hier mit einer Wand. Das habe ich schon lange vorher festgestellt.

Es ist aber dieser Hohn, den man oft von dieser politischen Nische um die ganzen "Libertären", "Rechts-Konservativen" oder schlichtweg holocaustverleugnenden Neo-Nationalsozialisten und Reichsbürgern sowie halb- bis ganz-wahnsinnigen Verschwörungstheoretikern und Rechtsesoterikern im "freiheitlichen, patriotischen" oder gar "skeptischen" oder "freigeistlichen" Gewand viel zu oft hört. Ihr mögt euch damit rausreden wollen, wie ihr doch nur "besorgte Bürger" oder "alternativ" seid, aber jeder Außenstehende, außerhalb eurer Blase, weiß ganz genau, dass ihr nichts mehr als ein billiger Haufen rechtsesoterischer Tastaturkrieger seid. Wenn ihr das nicht wärt, wärt ihr wohl auf der Straße mit Pegida und würdet Drohungen an Kindertagesstätten verschicken, weil sie kein Schweinefleisch mehr anbieten, da so scheinbar die "Islamisierung" vorangetrieben wird.

Wir werden sehen, ob ich jemals aktiv zu Steemit zurückkehren werde. Wenn nicht, dann seid euch sicher, dass es mir gut geht. So ganz ohne Steemit. Es lebt sich ruhiger. :)

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