Zielgruppen, Überschrift und Einleitung
Den Leser bei den Hörnern packen - darum soll es heute im 3. Teil des Tutorials gehen. Wie bringe ich den Leser dazu, meine Texte aufzurufen und womit locke ich ihn zum Weiterlesen? Zwei Mittel stehen Dir dafür zur Verfügung: die Überschrift und der Teaser. Doch um beide effektiv einzusetzen, ist ein genauer Blick auf Deine Leserschaft unabdingbar und ich erkläre auch warum.
Kenne Dein Publikum
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Bevor ich mit dem Formulieren einer knackigen Überschrift beginne, mache ich mir ein klares Bild darüber, an wen ich meine Botschaft richte. Senioren mögen sich durch ein unangebrachtes Duzen vor den Kopf gestoßen fühlen, während Jugendliche bei archaischen Sprachgebrauch das Weite suchen. Schlimm wird es, wenn ich meinem Leser Worte anbiete, die er alters- oder kulturbedingt falsch versteht. „Liebesperlen für 'nen Heiermann“ sehen Millennials eventuell als Sexspielzeug fürs Bett an und „der Stuhl“ ist in Österreich nicht immer nur eine Sitzgelegenheit.
Vor jedem Text überlege ich mir, auf welche Weise ich die Menschen ansprechen werde. Mit einem „Du“ begebe ich mich auf eine persönliche Ebene, das „Sie“ beweist Respekt und eine neutrale Ansprache suggeriert Kompetenz. Ebenso wichtig sind Überlegungen zur eigenen Person. Die Ich-Perspektive eignet sich für persönliche Texte und Hilfestellungen, in der Wir-Perspektive erkläre ich, dass mehrere Menschen hinter einem Standpunkt oder einer Firma stehen. Neutral akzeptieren Leser Fakten und technische Hinweise deutlich einfacher.
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Kommunikation ist das, was beim Leser ankommt
Die Zielgruppe ist alles, was zählt. Nur sie ist Gesprächspartner und genau sie soll verstehen, was ich zu sagen habe. Damit mein Text dort den größten Einfluss erzielt, befolge ich eine eiserne Regel:
Schreibe so, dass 100 % Deiner Zielgruppe 100 % Deines Textes lesen.
Klingt doch recht einfach. Du wirst aber überrascht sein, wie schwer die Umsetzung dieser Regel zuweilen fällt. Häufig benehmen sich Worte wie kleine Geister, die Besitz von meinen Fingern ergreifen, nur um auf dem Weg zur Tastatur nicht vergessen zu werden. Doch im Text sollte nicht das landen, was ich persönlich als nützlich, hilfreich oder interessant ansehe, sondern das, was der Leser versteht und ihn interessiert. Sonst langweilen sich die Leser noch und ignorieren mich.
Lass mich diesen Punkt an einem gängigen Steemit-Beispiel erläutern, mit dem auch Verfasser Technischer Dokumentationen täglich zu kämpfen haben:
Immer mehr Steemians verfassen ihre Beiträge in mehreren Sprachen parallel oder hintereinander. Sie wollen schließlich mehr Leute erreichen. Schaue ich mir die oben genannte Regel an und versuche die Zielgruppe dieser multilingualen Posts zu ermitteln, fallen mir allerdings nur Sprachschüler ein. Alle anderen ignorieren die eine oder andere Sprache, lesen also weniger als die geforderten 100 % des Textes.
Diese mehrsprachigen Posts sind deswegen nicht falsch oder schlecht, sie bleiben nur hinter ihrem maximalen Potenzial zurück. Leser verlieren eventuell genervt das Interesse, wie etwa bei einer vielsprachigen Bedienungsanleitung. Technische Redakteure setzen daher auf Bilder, die in allen Sprachen verstanden werden. Der Ausweg bei Steemit ist noch einfacher: Aufgeteilt auf je einen Post pro Sprache bleibt es dem Leser überlassen, welche Sprache er bevorzugt. Vielleicht votet er sogar alle diese Postings up und generiert dadurch mehr Einnahmen, als es ein einzelner Beitrag getan hätte.
Die Überschrift
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Doch genug von langweiligen Regeln, jetzt geht es ans Schreiben. Und das erste, worauf ein Leser trifft, das ist die Überschrift. Sie ist der Koberer, der die Leser zum Klicken verführt oder der betörende Rosenduft, der Bienen zum Nektar lockt. Lediglich 5 bis 10 Worte Zeit hast Du Zeit, bis Dein Leser das Interesse verliert und zur nächsten Blume weiterfliegt. Überlege sie Dir gut.
Damit diese 5 bis 10 Worte Deine Zielgruppe ansprechen, ist es hilfreich, wenn Du eine Eigenart der menschlichen Psychologie verstehst: Vor die Wahl gestellt geht ein Leser erst einem Verlangen nach, bevor er einem Bedürfnis nachgeht. Was im Englischen mit „desire before need“ beschrieben wird, kann im Deutschen frei mit „Lust vor Frust“ übersetzt werden.
Ein kurzes Beispiel:
„Gesunde Ernähnung hilft beim Abnehmen“ klingt deutlich weniger interessant als „Iss dich schlank mit gesunder Ernährung“. In der zweiten Überschrift greifen gleich zwei Verlangen: Die Lust zu Essen und der Wunsch schlank zu sein.
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## Der Teaser
Du hast es geschafft, der Leser hat Deinen Beitrag aufgerufen. Doch was nun? Nun gebe ich dem Leser einen Vorgeschmack dessen, was ihn in meinem Post erwartet. Das ist der sogenannte Teaser, ein circa 50 Worte langer Abschnitt, in dem ich mein Anliegen skizziere und klarstelle, mit welchem Ergebnis der Leser aus meinem Beitrag herauskommt.
Um die Aufmerksamkeit der Leser schnell und zuverlässig zu erregen, haben sich folgende Verfahren bewährt:
- Stelle eine Frage
- Erzähle eine Geschichte
- Benutze ein Zitat
- Mache ein Statement
- Zeige eine Metapher
- Benutze eine Statistik
- Rege die Vorstellungskraft an
Nach dem Teaser hilft mir der rote Faden, den ich in der letzten Folge erläutert habe, den Rest des Textes zu strukturieren.
Ich hoffe, mir ist es auch diesmal wieder gelungen, etwas Licht auf meine Arbeitsmethoden zu werfen. Vielleicht findest Du ja den einen oder anderen Punkt nützlich für das Schreiben Deiner eigenen Postings. In der nächsten Folge gehe ich auf den Lesefluss ein und wie ich ihn durch die Aufteilung
der Aussagen, die Strukturierung
in Absätze und die Formatierung
der Sätze flüssig gestalte.
Danke an Pixabay für die Bilder und Bildvorlagen und an @javehimself für die Trennlinien.