Besser Texten - Tipps vom Ghostwriter - Folge 5

@tufeau · 2018-04-06 14:15 · deutsch

Rechtschreibung, Werkzeuge und gefährliche Wörter


Besser Texten - Tipps vom Ghostwriter

"Sex sells - Sex verkauft sich" ist wohl eine der bekanntesten Weisheiten aus der Werbeindustrie. Das Gegenteil ist aber genauso wahr. Was ist das Werbe-Gegenteil von Sex? Alles, was uns wegen Form, Inhalt oder vom Aufwand her abstößt. Im voraussichtlich letzten Teil dieser Serie erläutere ich Methoden, mit denen ich subtile Stolpersteine aus dem Weg räume, welche mir den Weg zu gutem Content versperren.

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Rechtschreibung


Die deutsche Rechtschreibung leidet noch immer unter dem Nackenschlag, den ihr die Rechtschreibreform der 90er Jahre versetzt hat. Seither schwingt bei jedem geschriebenen Satz die Hoffnung mit, die eben verfassten Wörter könnten ja zufällig nach irgendeiner Reformregel korrekt sein.

Eine einwandfreie Rechtschreibung bedeutet jedoch mehr, als das bloße Befolgen stupider Regeln. Je nach Schwere der vorhandenen Fehler sinkt das Ansehen, welches vom Text auf den Autor abfärbt. Lass mich das in zwei kurzen Beispielsätzen demonstrieren:

"Zur Zeit überhäuft ein wohlgesonnener Freund, der den Sommerurlaub diesen Jahres in einer ländlichen Idylle verbringt, mein Postfach mit Emails."

Fünf Fehler stehen da in einem Satz. Mir rollen sich zwar die Fußnägel hoch, aber diese Art der Fehler mag ich noch verzeihen. Selbst mein Rechtschreibprogramm erkennt gerade einmal zwei Fehler davon. Im Gegensatz dazu höre ich jedoch sofort mit dem Lesen auf, wenn ich auf Sätze stoße wie:

"Füsik ist im wesentlichen die Wissenschaft der Natur und weltlichen Gesetzmässigkeiten."

Das sind zwar nur drei Fehler, aber deutlich sichtbarere. Schon wenige Rechtschreibfehler am Anfang eines Textes zerstören komplett das Vertrauen in die Kompetenz des Autors. Fehlerkorrekturprogramme und Duden sind daher meine ständigen Begleiter, sozusagen die Schutzengel meines beruflichen Lebens. Wichtige Texte gebe ich zum Korrekturlesen auch gerne in vertrauenswürdige Hände oder an professionelle Lektoren ab.

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Gefährliche Wörter


Wer klug ist, liest an dieser Stelle nicht weiter.

Da Du weiter liest, heiße ich Dich hiermit herzlich willkommen im Klub der Idioten. Wie Du und ich tun sich die meisten Menschen schwer damit, das Wort "nicht" wahrzunehmen, ihm die nötige Wichtigkeit beizumessen oder gebührende Konsequenzen aus dessen Einsatz zu ziehen.

Sagst Du einem Kleinkind "Tritt nicht in den Hundehaufen", holst Du besser schon einmal die Taschentücher zum Putzen der Schuhe heraus. Der Ausruf "Vorsicht, tritt neben den Hundehaufen", wirkt deutlich besser und erklärt dem Kind, wie es sich verhalten soll. Gleiches gilt beim Schreiben. Ich versuche daher alle negativen Formulierungen zu vermeiden, vor allem "nicht" und Adjektive, die mit "un" beginnen.

Vorsichtig gehe ich auch mit Worten wie "muss" oder "sollte" um. Viele Leser nehmen diese Aufforderung als Bevormundung wahr und sträuben sich innerlich gegen die Textaussage. Ich versuche lieber die Gedanken auf das Ergebnis zu lenken. Anstelle von "Du solltest Dein Auto waschen" schreibe ich, "Ein sauberes Auto erhältst Du durch gründliches Waschen".

Unpersönliche Wörter wie "man" oder Ausdrücke mit "kann" oder "werde" sind langweilig und schaffen Distanz. Mit aktiven Formulierungen involviere ich den Leser stärker und hebe den Text auf eine persönliche Ebene. Außerdem definiere ich genau, wer die Akteure meiner Handlung sind. So wird aus einem "Man wäscht sich nach dem Toilettengang die Hände" ein viel freundlicheres "hygienebewusste Menschen waschen sich nach dem Toilettengang ihre Hände". Ich überlasse dem Leser, ob er sich zu dieser Gruppe zählt.

Andere Wörter bereiten Probleme, weil Leser den Bezug nicht erkennen. Ein allein gestelltes "es" oder "das" ist mehrdeutig, eine fremdartige Abkürzung verwirrend. Lese ich "er kann das/es schaffen", dann beginne ich zu rätseln, was derjenige schaffen kann.

Das nächste sprachliche Minenfeld stellen Füllwörter dar, also Wörter wie "so", "etwa", "auch" oder "dann". Sie streiche ich wo immer möglich, damit mein Text knapp und prägnant bleibt.

Ich will hier kein Verbot der problematischen Wörter aussprechen, da sie einen wichtigen Platz in der deutschen Sprache einnehmen. Die oben genannten Wörter sind nur jene, bei denen ich grundsätzlich ein zweites Mal drauf schaue, ob sie wirklich angebracht oder doch vermeidbar sind.

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Werkzeuge


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Zum Abschluss meiner Plauderei aus dem Nähkästchen gebe ich noch einen kurzen Überblick über die Programme und Internetseiten, die meinen täglichen Arbeitsablauf erleichtern. Diese Programme sind sowohl auf Linux-Rechnern, wie auch auf Windows-Computern nutzbar.

Kate - KDE Advanced Text Editor

Ich liebe an diesem Texteditor die Möglichkeit, durch einen einfachen Doppelklick auf ein Wort zu erkennen, wo und wie oft ich dieses Wort benutzt habe. Zusätzlich markiert mir der Editor, an welchen Stellen im Text ich Veränderungen vorgenommen habe und er zählt sowohl markierte Wörter, wie auch die Wortanzahl im gesamten Text.

Woxikon

Woxikon ist ein Online-Synonym-Wörterbuch, mit dem ich meinen Texten eine größere sprachliche Tiefe gebe. Es mag bessere oder hübschere Synonym-Wörterbücher geben, aber Woxikon verfügt über ein angenehm schnelles Interface.

Duden

Klar, das Standard-Regelwerk der deutschen Sprache ist omnipräsent, selbstverständlich auch auf meinem Schreibtisch. Ich habe mir angewöhnt, beim geringsten Zweifel die Schreibweise im Duden nachzuschlagen. Früher vermied ich Wörter, bei denen ich mir unsicher war. Heute liebe ich den Facettenreichtum, der mir beim Schreiben zur Verfügung steht.

LanguageTool

Wie im ersten Abschnitt erwähnt, steht und fällt das Vertrauen in einen Autor mit seiner korrekten Orthografie. Das LanguageTool ist ein wunderbares Hilfsmittel, um Flüchtigkeits- und Beugungsfehler aufzuspüren. Es steht als Online-Tool, als Browsererweiterung, für LibreOffice oder als Desktop-Programm zur Verfügung. Letztere ist meine bevorzugte Variante.

So, damit beende ich den kleinen Einblick in die Arbeitsweise eines Ghostwriters, der seine Worte anderen Menschen zur Verfügung stellt. Fühle Dich frei, so viele oder so wenige Tipps dieser Serie für Deine Blogbeiträge zu adaptieren.

Eventuell erstelle ich in nächsten Tagen oder Wochen noch einen Spickzettel, auf dem ich stichpunktartig die wichtigsten Punkte in einer Übersicht zusammenfasse. Wer möchte, findet die letzten Folgen hier noch einmal zum Nachlesen aufgeführt:

Folge 1: Die Vorbereitung Folge 2: Recherche, Stichworte und roter Faden Folge 3: Zielgruppen, Überschrift und Einleitung Folge 4: Aufteilung, Struktur und Formatierung

Danke an Pixabay für die Bilder und @javehimself für die Trennlinien.

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