Who would have thought that the world is so huge?
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Es ist wohl ein Paradebeispiel eines Paradoxons, wenn der Gast zu Besuch kommt und einer der ersten laut artikulierten Eindrücke hört sich wie folgt an: „Dich hat es wahrhaftig dorthin verschlagen, wo sich am Abend Fuchs und Hase eine gute Nacht wünschen.“ Die Definition dieser Redewendung lässt sich auf die subjektiv geprägte Vermutung reduzieren, an Ort und Stelle (geradewegs) im Zentrum der totalen Langeweile gelandet zu sein.
Nur (und hier offenbart sich der erwähnte Widerspruch) belegen die Wochen und Monate danach, dass jener profunde Kenner nahezu unberührter Landschaften liebend gerne jede sich bietende Gelegenheit wahrnimmt, um vom großen Tisch auf unserer Terrasse das abendliche Ritual zwischen Herrn Reineke und Meister Lampe ausgiebig und bei bester Laune zu beobachten. Der Besuch bei uns über das Wochenende scheint daher doch mehr Reize in sich zu bergen, als im ersten Moment vermutet.
Trotz dass im Dorf die Anzahl der Schafe, Schweine, Kühe und Hühner (Katzen und Hunde bleiben unberücksichtigt, da so die Schieflage noch offensichtlicher zutage treten würde) den Bestand an menschlichen Gestalten um ein Vielfaches übertrifft, ist trotzdem immer etwas los. So führt etwa Veras Fernbleiben von der Frühmesse zu einer heftigen Diskussion in unmittelbarer Nähe des Beichtstuhles, ob nun die Polizei, die Feuerwehr oder besser doch gleich ein Leichenspürhund der Sache auf den Grund gehen sollte. Man kümmert sich, agiert zumindest so, als ob, und zeigt dann doch Anzeichen der Erleichterung, wenn sich herausstellt, dass Vera sich lediglich eine dieser unangenehmen Magen-Darm-Geschichten eingefangen hatte.
Obwohl die beiden jetzt folgenden Ereignisse, vollkommen egal, wie man sie schichtet, dreht oder wendet, nicht unter einen Hut zu bringen sind, gehören sie zeitlich gesehen doch eng zusammen. Während Marko (ausgestattet mit einer beträchtlichen Portion Dreistigkeit und noch mehr Ignoranz) fünf mächtige Buchen im Waldstück seines indirekten Nachbarn Josip in eine stabile Seitenlage bringt, anschließend die Stämme spaltet, mit der Bandsäge in gebrauchsfertige Scheiten schneidet, letztlich im Schuppen hinter seinem Gehöft ein neues Zuhause verschafft und damit nicht unbedingt den Welt-, aber dann doch den Dorffrieden ins Wanken bringt, hat sich unsere Pepita entschlossen, die nahe Zukunft nach ihren eigenen Wünschen zu gestalten.
Pepita (im weiteren Verlauf der Chronik kurz und schnörkellos Pepa genannt) ist die Henne in unserem Bestand an Federvieh, die ihren Namen der Tatsache verdankt, ihr Outfit dem aus Spanien stammenden Stoffmuster angeglichen zu haben. Zwar modisch auf eine gewisse Eleganz gepolt, sieht es jedoch im Fundus ihrer Allgemeinbildung eher düster aus. Insbesondere, wenn es um die Sexualkunde und hier im Speziellen um das Prozedere des Heranreifens von Nachwuchs geht. Dies bestätigt der Umstand, dass die Lady es sich im Nest gemütlich eingerichtet hat, dabei jedoch dem Fakt keinerlei Bedeutung beimaß, dass ohne ein einziges Ei unter dem Gefieder die geplante Aktion nicht wirklich einen Sinn ergibt. Mein sachkundiger Kommentar dazu, der seitens meiner Frau nur ein Kopfschütteln hervorrief: „Die dumme Nuss hat vom Tuten und Blasen keine Ahnung.“
Glücklicherweise schätzten Daphne, Daisy und Betty die Situation ähnlich sachlich wie ich ein, zwängten sich kurzerhand neben Pepa und schoben der zukünftigen Glucke ihre frisch gelegten Eier unter. Ein Kontrollblick am dritten Tag unter das Gefieder der wild fluchenden Henne zog ein eiligst einberufenes Treffen des Rates nach sich, der für das allgemeine Wohlbefinden der Lebewesen vor Ort verantwortlich ist. Dazu gehören im Übrigen weder Stechmücken noch Zecken oder Marder. Inzwischen hütete Pepa nämlich sieben Eier unter sich. Rasch kamen wir überein, dass die Familienplanung in gewissen Situationen, ohne die menschliche Intervention, aus dem Ruder zu laufen droht. (7 – 2 = 5) Fünf Eier unter der Henne und zwei in die Eisenpfanne – zusammen mit Butter, Zwiebelwürfel, Champignons und Kirschtomaten!
Nicht vom Tisch zu weisen scheint mir hier der Denkansatz des Theoretikers aus der Stadt, der die Möglichkeit nicht auszuschließen vermag, dass manche Eier möglicherweise überhaupt nicht befruchtet sind. Oder sich unter den fünf zu schlüpfenden Küken gleich drei Hähne befinden. Da sich jedoch bislang kein Schlachtmesser in unser Anwesen verirrt hat, kann ich zur letztgenannten Variante verraten, dass Hähne (falls sie sich als zu aggressiv erweisen) sich als gutes Tauschmittel im Dorfalltag erwiesen haben. Und was die Befruchtung betrifft, könnte Hugo derartige Zweifel als provokante Beleidigung interpretieren.
Denn Hugo (unser Hahn) nimmt es mit seinen ihm zugedachten Aufgaben, u. a. der »Aufstockung des Harems«, in der Tat sehr ernst. Seine sexuellen Eskapaden Tag für Tag sorgen nicht nur für eine große Menge an Geschrei unter seinen Konkubinen, sondern beim menschlichen Beobachter für viel Amusament. Ganz oben dabei auf der Rangliste, der Moment, wenn der rücksichtslose Trampel mal wieder die Begattung der Henne am steilen Hang wagt. (Ich würde eine solche Slapstick-Aktion als einen Koitus interruptus mit harter Landung bezeichnen.) Da das Thema Befruchtung somit als abgehakt gelten kann, konnte das 21-tägige Brüten und Warten seinen Anfang nehmen.
Doch bevor Pepa die interne Standheizung auf Dauerbetrieb stellen konnte, stand für sie noch ein Umzug an. Zu stark waren unsere Befürchtungen, ihr könnten vonseiten ihrer Kolleginnen fortwährend doch noch weitere Eier untergeschoben werden. Also raus aus dem Hühnerhotel und rein in den Raum, in dem die Heizung, Wasch- und Spülmaschine, sowie die Gefriertruhe ein recht tristes Dasein führen. Den idealen Platz zu finden, stellte ebenso wenig ein Problem dar wie die passende Kartonage und viel weiches Heu. Danach mussten lediglich noch unsere »Herumtreiber« mit der neuen Wohnsituation vertraut gemacht werden. Gut bis hervorragend bewährt in solchen Situationen, ganz nebenbei noch feste Verhaltensregeln zu verkünden: Mit Pepa wird nicht gespielt, sie wird nicht gejagt und schon gar nicht angeknabbert!
Der tägliche kurzfristige Ausflug der Dame im Pepita-Kostüm zur Futter- und Wasserstelle wurde rasch zur Normalität, die aber mit Sicherheit bei Hund und Katze eine ganz bestimmte Frage aufwarf: Wieso darf die von einem auf den anderen Tag ungestraft auf den Terrassenboden scheißen? Diesbezüglich habe ich eines während meiner Zeit auf dem Land verinnerlicht. Du musst und kannst Tieren nicht immer alles erklären! Außerdem ziehen drei Wochen schneller ins Land als zwei Tage mit Elvira, einer Großtante (oder so etwas Ähnlichem) meiner Frau, die es sich nicht nehmen lässt, alljährlich einen Tag vor dem Feiertag Allerheiligen von ihrem Altersdomizil an der Küste ins Landesinnere zu pilgern, um die Grabstätte ihrer buckligen Verwandtschaft mit Plastikblumen und von Batterien betriebenen Kerzen zu schmücken. Das sind dann die Stunden, die mir wie eine Ewigkeit vorkommen.
Am Samstag vor zwei Wochen war es dann endlich so weit. Kein morgendlicher Ausflug zu Futter und Wasser. Es schien Vollzeit im Job angesagt. Der Lohn des Aufwands ließ sich am späten Nachmittag vernehmen. Ein fast schon kräftiges Piepsen ertönte aus dem breiten Federkleid. Da bei allen Beteiligten von Beginn des Prozederes doch feststand, dass Pepa die Eier in zeitlichen Etappen untergeschoben worden waren, war recht schnell klar, dass auf den letzten Schlupf eventuell noch zwei Tage vergehen konnten. Ganz so lange spannte uns die junge Mama dann doch nicht auf die Folter. Um ca. 04:30 Uhr am Montagmorgen (die Uhrzeit, wenn ich die Futterrationen für die Tiere herrichte) erhebt sich eine stolze Glucke und präsentiert mir fünf flauschige Knäuel auf jeweils zwei Stixy-Beinen.
In einer Sache war sich die quicklebendige Rasselbande wohl bereits an jenem Morgen einig: Diese Welt ist verdammt riesig. Das sieht also alles nach viel Spannung aus! Wenn es nach uns geht, kann das Abenteuer starten.
Fortsetzung folgt.
Who would have thought that the world is so huge?
[It is probably a prime example] of a paradox when a guest comes to a short visit and one of the first impressions he loudly articulate sounds like this: “You have truly ended up where foxes and rabbits say good night to each other in the evening.” The definition of this idiom can be reduced to the subjective assumption that one has landed straight in the centre of total boredom.
Except (and this is where the contradiction I mentioned earlier comes in) the weeks and months that followed showed that this expert on untouched landscapes loves to take every possible opportunity to sit at the large table on our terrace and watch the evening ritual between Mr. Fox and Mr. Hare in high spirits. Visiting us over the weekend therefore seems to hold more appeal than he initially thought.
Despite the fact that the number of sheep, pigs, cows and chickens in the village (cats and dogs are not included, as this would make the imbalance even more apparent) far exceeds the number of humans, there is always something taking place. For example, Vera's absence from early mass leads to a heated discussion in the immediate vicinity of the confessional as to whether the police, the fire brigade or, better still, a body-sniffing dog should get to the bottom of the matter. People care, or at least act as if they do, and then show signs of relief when it turns out that Vera has simply caught one of those unpleasant gastrointestinal bugs.
Regardless of how one may interpret the following events, which are difficult to reconcile, they are closely related in terms of timing. While Marko (equipped with a considerable amount of audacity and even more ignorance) fells five mighty beech trees in the forest belonging to his indirect neighbour Josip, then splits the trunks, cuts them into ready-to-use logs with a band saw, and finally finds them a new home in the shed behind his farmstead, thereby destabilising not necessarily world peace but certainly village peace, Pepita (our hen) has decided to shape the near future according to her own wishes.
Pepita (referred to simply as Pepa for the rest of this chronicle) is the hen in our flock who owes her name to the fact that her outfit resembles the fabric pattern originating from Spain. Although she is fashionably attuned to a certain elegance, her general knowledge is rather limited. This is particularly true when it comes to sex education, and especially the process of raising offspring. This is confirmed by the fact that the lady has made herself comfortable in the nest, but has not given any thought to the fact that without a single egg under her feathers, the planned action does not really make any sense. My expert commentary on this, which only elicited a shake of the head from my wife: ‘The silly bird has no idea how things work.’
Fortunately, Daphne, Daisy and Betty assessed the situation as objectively as I did, squeezed themselves next to Pepa and pushed their freshly laid eggs under the future mother hen. A quick check on the third day under the feathers of the wildly cursing hen led to a urgently convened meeting of the council, which is responsible for the general well-being of the creatures in the area. Incidentally, this does not include mosquitoes, ticks or martens. In the meantime, Pepa was brooding seven eggs. We quickly agreed that in certain situations, family planning can get out of hand without human intervention. (7 - 2 = 5) Five under the hen and two in the iron pan - together with butter, diced onion, mushrooms and cherry tomatoes!
Not to be dismissed, in my opinion, is the approach taken by the theorist from the city, who cannot rule out the possibility that some eggs may not be fertilised at all. Or the possibility that three of the five chicks about to hatch are roosters. Since no slaughter knife has found its way onto our property, I can reveal that roosters (if they prove to be too aggressive) have proven to be a good bartering commodity at the local market. But as far as fertilisation is concerned, Hugo might interpret such doubts as a direct insult.
The rooster Hugo takes his duties (including ‘expanding the harem’) very seriously. Not only do his daily sexual escapades cause a lot of commotion among his concubines, but they also provide much amusement for human observers. At the top of the ranking list is the moment when the reckless oaf once again dares to mate with the hen on the steep slope. (I would describe such slapstick action as coitus interruptus with a hard landing.) With the issue of fertilisation thus settled, the 21-day incubation and waiting period could begin.
But before Pepa could set the internal heating to continuous operation, it was time for her to move. Our fears that her colleagues would gradually slip her more eggs were too strong. And so out of the chicken hotel and into the room where the heating, washing machine, dishwasher and freezer lead a rather dreary existence. Finding the ideal place was just as easy as finding the right cardboard box and plenty of soft hay. After that, all that remained was to familiarise our vagabonds with their new living situation. It has proven to be a good to excellent solution in such situations – and, incidentally, to announce strict rules of conduct: Pepa is not to be played with, she is not to be chased and she is certainly not to be nibbled!
The short daily trip by the lady in the Pepita costume to the feeding and watering place quickly became routine, which certainly raised a very specific question for the dog and cat: Why is she allowed to shit on the terrace floor with impunity from one day to the next? On this subject, I learned one thing during my time in the countryside – you don't always have to and can't explain everything to animals! Besides, three weeks pass more quickly than two days with Elvira, a great-aunt (or something like that) of my wife, who insists on making the pilgrimage from her retirement home on the coast to the interior of the country every year on the day before All Saints' Day to decorate the graves of her hunchbacked relatives with plastic flowers and battery-powered candles. Those are the hours that seem like an eternity to me.
Finally, two weeks ago on Saturday, the time had come. There was no morning trip to get food and water. It seemed like it was time to work full-time. The reward for all the effort could be heard in the late afternoon – an almost loud chirping sounded from the broad plumage. Because it was clear from the beginning of the process that Pepa had laid the eggs in stages, it quickly became apparent that the last hatch could take another two days. But the young mother didn't keep us in suspense for quite that long. At around 4:30 on Monday morning (the time when I prepare the animals' feed rations), a proud mother hen rose and presented me with five fluffy balls, each standing on two Stixy legs.
The rambunctious bunch seemed to agree on one thing that morning: This world is damn huge. So it looks like there's going to be a lot of excitement! As far as we're concerned, the adventure can begin.
To be continued.