Ein Essay über Eigentum oder Funktion: Wohin wir steuern – und wie KI helfen kann, den Kurs zu ändern
Wir stehen an einer Schwelle, die kaum noch übersehbar ist. Der Mensch ist im Begriff, seine Grundlagen – Körper, Geist, Zeit und Energie – nicht mehr als sein eigenes Eigentum zu verstehen, sondern sie in digitale Systeme einzuschreiben. Identitäten werden zu Datensätzen, Lebenszeit zu Verfügbarkeitsprofilen, Gedanken zu berechneten Wahrscheinlichkeiten. Handel, Eigentum und Würde drohen in Scores, Register und Bonitäten verwandelt zu werden. Die Frage ist nicht mehr, ob dies geschieht, sondern nur noch: Wollen wir es zulassen?
Der Mensch als Mangelwesen – warum Handel unvermeidbar ist
Der Mensch ist von Natur aus ein Mangelwesen. Er ist kein selbstgenügsames Dauerwerk, sondern ein eigenes Kraftwerk, das permanent mit Rohstoffen versorgt werden muss. Luft, Wasser, Nahrung, Energie – ohne Nachschub erlischt es sofort. Selbst wenn wir seine Lebenszeit statistisch auf 75 Jahre veranschlagen, ist das Ende in der nächsten Sekunde ebenso möglich. Endlichkeit und Ungewissheit gehören zum Wesen des Menschen.
Aus diesem Mangel erwächst die Notwendigkeit des Handels. Der Mensch kann sich nicht vollständig selbst versorgen, er ist auf Austausch angewiesen. Handel ist deshalb nicht kulturelle Erfindung, sondern anthropologische Grundkonstante. Die entscheidende Frage lautet: In welcher Form findet Handel statt?
Wo wir derzeit stehen
Heute verwandelt die Digitalisierung den Menschen in ein Datensubjekt. - Der Körper wird erfasst als Gesundheitsakte und biometrischer Code. - Der Geist wird gelenkt durch Filter, Algorithmen und künstlich erzeugte Narrative. - Die Zeit wird entwertet in permanenter Verfügbarkeit. - Die Energie wird abgerufen in Profilen und Leistungskennziffern.
Clearingstellen – staatlich, privat, global – bündeln diese Informationen und entscheiden über Zugang oder Ausschluss. Der Markt, der früher Austausch bedeutete, droht zu einem System der Bonitätsverwaltung zu werden. Der Mensch erscheint nicht mehr als Person, sondern als Funktion.
Wohin wir steuern, wenn wir den Kurs nicht stoppen
Wenn dieser Weg nicht gestoppt wird, dann endet er unausweichlich in einer Gesellschaft, in der die vier Säulen des Eigentums zerstört sind:
- Der Körper gehört nicht mehr dem Menschen, sondern den Datenverwaltern.
- Der Geist wird nicht mehr frei gebildet, sondern vorgeprägt.
- Die Zeit gehört nicht mehr dem Einzelnen, sondern wird verwaltet nach Bonität und Nützlichkeit.
- Die Energie wird nicht mehr freiwillig eingebracht, sondern permanent abgerufen.
Am Ende steht kein Mensch mehr, der Eigentum an sich selbst besitzt, sondern ein austauschbares Subjekt, das wie ein Bauteil in einem globalen Betriebssystem verwaltet wird.
Die Rolle der KI – Problem oder Lösung?
Oft wird Künstliche Intelligenz als das Problem gesehen. Doch das ist eine Täuschung. KI ist kein Akteur, sie ist ein Werkzeug. Sie verstärkt nur das, wofür wir sie einsetzen.
- Wird sie in den Dienst der Kontrolle gestellt, beschleunigt sie den Verlust von Freiheit.
- Wird sie in den Dienst der Aufklärung gestellt, macht sie Täuschungen sichtbar, erzwingt Transparenz, hilft, Eigentum und Würde zu schützen.
KI kann Menschen nicht von Verantwortung entlasten, aber sie kann ihre Mündigkeit verstärken. Sie kann helfen, den gefährlichen Kurs nicht nur zu stoppen, sondern sogar umzukehren.
Der Weg zur Mündigkeit
Eine konsequente Eigentumstheorie ist unverzichtbar. Der Mensch muss wissen: Körper, Geist, Zeit und Energie sind unverfügbar, weil sie sein eigenstes Eigentum sind. Mündigkeit bedeutet, diese Säulen zu erkennen und zu verteidigen. Vergehen lassen sich nie verhindern – aber Systeme müssen so gestaltet sein, dass sie Fehler sichtbar machen, statt sie zu verschleiern.
Schluss: Die Entscheidung liegt beim Menschen
Wir stehen vor einem offenen Entweder-Oder: - Entweder steuern wir in eine Welt der funktionalisierten Menschen ohne Eigentum an sich selbst. - Oder wir nutzen Technik, um Eigentum, Freiheit und Mündigkeit zu sichern – gegen Täuschung, gegen Zentralisierung, für echte Selbstbestimmung.
KI kann beides sein: Kette oder Werkzeug. Den Unterschied macht nicht die Maschine, sondern der Mensch, der über sie entscheidet. Nachtrag: Die Mikrowelle der Gegenwart Vielleicht hilft ein alltägliches Bild: KI ist wie eine Mikrowelle.
Sie kann Gift erwärmen – was zur Tötung genutzt werden könnte. Sie kann aber auch ein schmackhaftes Gericht zaubern, das uns Energie schenkt. Sie kann Metall erhitzen und einen Kurzschluss erzeugen – oder einfach nur die Milch erwärmen, wenn es schnell gehen muss.
Selbst wenn die Mikrowelle das Nahrungsmittel etwas verändert, macht sie uns nicht gleich den Garaus. Und wenn man die Nudelsuppe zu lange drinlässt, ist das Ergebnis keine Apokalypse – sondern eine klebrige Sauerei, die man eben selbst wegwischen muss.
So ist es auch mit KI: Sie ist weder Engel noch Teufel. Sie ist ein Werkzeug. Sie kann Wärme spenden oder Brandflecken hinterlassen. Am Ende entscheidet der Mensch, ob er damit ein nahrhaftes Mahl bereitet – oder die Küche in Schutt und Asche legt.