Eine freie Gesellschaft braucht ein Fundament. Teil 28 (soziale Gerechtigkeit)

@zeitgedanken · 2019-02-03 12:19 · freie-gesellschaft

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„Soziale Gerechtigkeit“! Ist diese „sozial“? Oder ist sie „unsozial“, vielleicht sogar „asizial“? Fragen die man etwas tiefgründiger beobachten sollte um zu ergründen, wie sich „sozial“ in einer Staatsgesellschaft darstellt, ob dieses „Soziale“ für eine freie Gesellschaft geeignet ist.

Der heutige Teil 28 ist nur für mutige Menschen geeignet. Mutig genug eine Selbstreflektierung an ihrem eigensten Ich durchzuführen. Ein eventueller resteem ist ebenfalls nur für Mutige möglich, die in der Lage sind ihr eigenes Ich zu erkennen.

Jetzt schauen wir erst mal nach.

Als besonders edle Form der Gerechtigkeit gilt die sog. „soziale Gerechtigkeit“. Die „soziale Gerechtigkeit“ soll sich menschenrechtlich, also letztlich durch das Naturrecht, begründen lassen. Das gelingt auch, aber nur, wenn man den Naturrechtsgrundsatz

„Alle haben das gleiche Recht auf freie Lebensentfaltung“ umwandelt in die denaturierte Form „Alle haben das freie Recht auf gleiche Lebensentfaltung“.

Das ist eine folgenschwere Manipulation, die man nicht anders als eine Verlumpung des Naturrechtsgrundsatzes wahrnehmen kann. Sie macht jeden irgendwo festgestellten materiellen Mangel zum einklagbaren Rechtsanspruch. Mit der „sozialen Gerechtigkeit“ soll dem Anspruch auf das „Soziale“ entsprochen werden, den das Ich und seine Fürsprecher an die Gesellschaft stellen. Auf dem Fundament der Idee der „sozialen Gerechtigkeit“ steht daher der Sozialstaat. „Er ist eine der größten Errungenschaften der Menschheitsgeschicht“, behauptet Erhard Eppler (2015). Er meint sogar, dass sich Gerechtigkeit ohne Sozialstaat nicht realisieren lässt. „Der demokratische Rechtsstaat dürfte zumindst in Europa nicht ohne Sozialstaat zu haben sein“ (a. a. O.).

Der Sozialstaat wird von ausgesprochenen Gutmenschen regiert. Er ist in vielen Nationen der Welt der Ort politischer Machtausübung. Seine Innenpolitik ist im wesentlichen nicht durch Rechtsschutz sondern durch das „Soziale“ bestimmt. „Die mächtigste Vokabel der politischen Sprache ist…das Wort sozial“ (Christoph Braunschweig, 2013).

Der Staat in seiner Rolle als Sozialstatt propagiert, vor allem im Armutsbereich der Gesellschaft aktiv sein zu wollen. Die meisten „öffentlichen“ gegenleistungsfreien Leistungen haben früher einmal, als die Staaten noch Niedrigsteuerparadiese waren, tatsächlich der Bekämpfung der Armut gegolten. Nun hat Agneta Kruse bei einschlägigen Untersuchungen herausgefunden (s. WELT vom 18.9.1995), dass inzwischen nur ca. 6% der Einkommenssteuern (das sind 1% der Gesamtabgaben, mit denen die Staatsbürger belastet sind!) den wirklich Bedürftigen zukämen. Alles Übrige fliest - in nicht überschaubarer Dosierung - in die unterschiedlichsten Töpfe. Ein Großteil gelangt wieder - in anderer Verteilung - an die Geber zurück („solidarische Umverteilung“; s. Teil 13 in #freie-gesellschaft ).

Weil im Sozialstaat die ursprüngliche und auch sinnvolle Idee der Armenhilfe (shierzu werde ich am Schluss dieser Serie einen gesonderten Anhang vorstellen) offensichtlich nur eine verschwindend geringe Rolle spielt, ist sie bei einer Diskussion über Sinn oder Unsinn des „Sozialen“ zu vernachlässigen. Das „Soziale“ im modernen Staat muss man als obrigkeitsgelenkte Umsorgung von Normalbürgern ansehen, als sog. „Mittelstandssozialismus“. Das Anliegen des Mittelstandssozialismus unterscheidet sich vor allem dadurch vom ursprünglich karitativen Anliegen, dass er dem „Ideal der komfortablen Stallfütterung“ frönt (Wilhelm Röpke, 1979).

So zeigt sich das „Soziale“ unter anderem auch als Hilfe für bestimmte Wirtschaftszweige. Auch im Wirtschaftsbereich hat man offenbar eine Reihe von „sozial Schwachen“ entdeckt. Die für diese bereitgestellten Mittel fließen in Milliardenhöhe, und zwar in Form von Subventionen (s. Teil 13).

Die soziale Gerechtigkeit ist die staatstypische Form von Gerechtigkeit, eine Form, die aus sich selbst heraus zur Ungerechtigkeit führt. Wenn man verschiedene Menschen materiell in die gleiche Lage bringen will, muss man sie rechtlich ungleich behandeln. Man muss also dem Naturrecht zuwider handeln. Die soziale Gerechtigkeit zerstört Recht um des „Rechtes“ willen.

Die Existenzangstbefreiung, die der moderne Staat mittels Durchsetzung der „sozialen Gerechtigkeit“ bei seinen Bürgern vorgibt zu bewirken, geht einher mit der Akzeptanz staatlicher Bevormundung in allen möglichen Lebensbereichen und damit einer Verlagerung der Verantwortung für die Eigenexistenz auf „die“ Gesellschaft. Bei den Staatsfunktionären gibt es „eine Reihe von Demagogen, die verantwortungslos genug sind, an die Verantwortungslosigkeit zu appellieren“ (Christoph Braunschweig, 2013).

Bei der Analyse der „sozialen Gerechtigkeit“ gelangt man schnell an den Punkt, vor dem die staatlichen Sozialfunktionäre und ihre Ideologielieferanten am liebsten Augen und Ohren verschließen: Die Idee kann nur realisiert werden, wenn man die Rechtsgemeinschaft zu einem ökonomischen Zwangskollektiv zusammenschweißt. Wo Kollektivzwang herrscht, sind alle an die x-beliebigen Nöte, Launen und Vorlieben aller gekettet. Das ist gewissermaßen das Opfer, das dem Staatsbürger für die „soziale Gerechtigkeit“ abverlangt wird. Im Zwangskollektivismus sehe ich weniger eine Ausgeburt individueller Machtgier und Inkompetenz, sondern eine Fehlkonstruktion des gesellschaftlichen Systems als solchem.

Die „soziale Gerechtigkeit“ ist - wie jede andere Gerechtigkeit - letztlich nur mit Gewalt durchzusetzen. Der Sozialstaat ist nur mittels der Bajonette der Exekutive am Leben zu erhalten. Dabei offenbart sich sein wahres Gesicht. Der wohlwollende „Vater“ mutiert zum Despoten. „Eine Regierung, die auf dem Prinzip des Wohlwollens gegen das Volk, als eines Vaters gegen seine Kinder, errichtet wäre, d. i. eine väterliche Regierung..., ist der größte denkbare Despotismus“ (Immanuel Kant). Das wird von ihren Proklamatoren gern übersehen oder verschwiegen.

Das Bemerkenswerte an den Argumenten, die die „soziale Gerechtigkeit“ zu rechtfertigen suchen, ist, so sieht es Friedrich August von Hayek (1991), „dass sie in aller Unschuld und mit größter Selbstverständlichkeit von anständigen Menschen vorgebracht werden, die sich über die moralische Ungeheuerlichkeit, die die Anwendung von Gewalt für solche Zwecke bedeuten würde, völlig im Unklaren sind“. Angesichts dieser Tatsache schreibt von Hayek an anderer Stelle: „Ich habe immer stärker das Gefühl, dass der größte Dienst, den ich meinen Mitmenschen noch erweisen kann, der wäre, wenn ich die Redner und Schriftsteller unter ihnen dazu bringen könnte, sich gründlich zu schämen, jemals wieder den Ausdruck 'soziale Gerechtigkeit’ zu benutzen“ (1981).

Einen typischen Vertreter der „sozialen Gerechtigkeit“ kann man in John Rawls sehen. Rawls führt uns eine ganze Palette von Situationen vor, in denen das Wort „gerecht“ verwendet wird bzw. Verwendung finden sollte (2012). Die Gerechtigkeit, die auf das in Verträgen individuell geschaffene Recht bezogen ist, kommt darin nicht vor. Die Frage der Durchsetzung der bei ihm so genannten „Verteilungsgerechtigkeit“ ignoriert er völlig. Insofern findet sich bei ihm kein Hinweise darauf, wie man den Zwang, der notwendig ist, um die Güter für seine „Verteilungsgerechtigkeit“ zu beschaffen, im Zaume halten kann.

Bei der Frage nach der Rechtsbasis der „sozialen Gerechtigkeit“ muss wieder auf ein folgenreiches Defizit des „Grundgesetzes“ aufmerksam gemacht werden. Die „soziale Gerechtigkeit“ hat ihr Fundament in der deutschen Staatsverfassung. Die Verfassung enthält den Artikel 28/1. Dort ist die Rede von einem „sozialen Rechtsstaat“. Hier wird etwas hineininterpretiert, das so aussieht.

Mit diesem Begriff haben wir das Fundament zur Verwirklichung der von den Gutmenschen beschworenen „sozialen Gerechtigkeit“ vor uns. Wenn es nämlich ein Recht auf das „Soziale“ gibt, kann man das gesamte Gewaltpotential einer Exekutive in Bewegung setzen, um der Ideologie der „sozialen Gerechtigkeit“ Realität zu verschaffen.

Vielfach ist darauf verwiesen worden, dass der Sozialstaat die Gesellschaft insgesamt verarmt. „Tatsächlich ist in vielen der Länder, in denen absolute Armut noch ein akutes Problem darstellt, die Rücksicht auf ‘soziale Gerechtigkeit’ zu einem der schwersten Hindernisse für die Aufhebung der Armut geworden“ (Friedrich August von Hayek, 1991). „Oft produzieren (die Sozialfunktionäre) genau das Gegenteil dessen, was sie anstreben: nicht mehr Gerechtigkeit, sondern weniger“ (SPIEGEL, Nr. 50/ 1995).

Gesellschaftliches Leben schlägt sich nieder in Erwartungen. Was versprechen sich die Einzelnen von der Gesellschaft? Was soll das Leben dort bieten im Unterschied zum Leben in der Robinsonade? Dem Ich soll es „wohler“ ergehen als in der Vereinzelung, es will besser „fahren“ als auf der Insel der Einsamkeit, es will gut leben, wirksam geschützt sein, gerecht behandelt werden usw. Es erwartet ein größeres Maß an „Wohl-Fahrt“. Diese durchaus legitime Wohlfahrtserwartung, die das Ich an die Gesellschaft stellt (denn warum sollte es sonst in ihr leben wollen?), nahm der Staat auf und begreift sich nun als „Wohlfahrtsstaat“.

Aus der legitimen Wohlfahrtserwartung der Menschen erwächst Handlungsbedarf. Welchen Weg schlug der Staat ein, dieser Erwartung zu entsprechen? Er erklärte sich zum Wohlfahrtsgaranten und interpretierte diese Rolle auf seine Art: - als Wohltäter. Bei dieser Art der Interpretation unterliegt er keineswegs einem Selbstmissverständnis. Instinktiv muss er erfasst haben, dass er qua Staat die Beförderung der individuellen Wohl-Fahrt nur in der Rolle des Wohl-Täters betreiben kann. Ja, er muss sich geradezu selber als Wohltat für seine Untertanen hinstellen. Dazu gehört, dass er so tut, als könne er Manna vom Himmel fallen lassen, sozusagen als „gratis lunch“ (Robert Nef). Auf allen Werbeveranstaltungen der politischen Klasse, besonders anlässlich der „Wahlkämpfe“, preisen sich die Staatsfunktionäre als gesamtgesellschaftliche Oberwohltäter an. Und jeder von ihnen behauptet, dieses Geschäft besser zu verstehen als die anderen.

Die aufopferungsvolle Verwohltätigung nimmt zuweilen wahnhafte Züge an. „Die selbsternannten Gemeinwohlmoralisten“ (Michael von Prollius, 2009) drängen sich selbst dort noch auf, wo sie ungebeten sind („overprotecting“). Ob und in welcher Weise mit deren Wohl-Tätigkeit der individuellen Wohl-Fahrt wirklich gedient ist, das ist zumindest in Frage zu stellen.

Die hier vorliegende Serie #freie-gesellschaft beabsichtigt Bewusstseinsbildung in Bezug auf eine schlüssig-humane Einbindung des Ich in die Gesellschaft (s. Teil 1 - 7). Und in diesem Zusammenhang meint „Wohl-Fahrt“ nicht die Verheißung eines höheren Lebensstandards für jeden, sondern schlicht die Erwartung, dass das Ich in der Gesellschaft „wohler fährt“ als in der Vereinzelung, dass es in seiner Autonomie gestärkt wird, unabhängig davon, ob es im Wohlleben schwelgt oder nicht.

Übernahme der Verantwortung für bestimmte Formen der wirtschaftlichen Existenz durch den Staat erscheint vom Standpunkt der Existenzangstberuhigung durchaus als positiv. Sie setzt für den Staatsbürger wichtige Signale: du brauchst keine Angst zu haben; beruhige dich; Vater Staat macht das schon. Gerd Habermann bezeichnet ein solches Beruhigungsinstitut treffend als „Babysitterstaat“ (1994). Der SPIEGEL spricht vom „Nanny-Staat“ (Nr. 33/2013). Weil der Staat in seiner Rolle als Vater und Nanny dazu neigt, dem Bürger jede Eigenverantwortung für sein Leben abzunehmen, befördert er eine Art Kleinkindmentalität, die sich in vielen Fällen bis ins Greisenalter durchhält.

Von öffentlich angesehenen Leuten ist verschiedentlich die Auffassung vertreten worden, dass das Erwachsensein eines Menschen darin bestehe, die Verantwortung für die Befriedigung seiner Bedürfnisse selbst zu tragen, das heißt, in der Lage zu sein, als Wirtschaftssubjekt autonom zu existieren. Diese Auffassung besagt, dass Kindheit dann endet, wenn die Eltern die Verantwortung für die Existenz der Heranwachsenden an diese übergeben haben. Das hat zur Folge, dass bei den Eltern eine Abnahme der Existenzängste stattfindet und bei den Herangewachsenen eine Zunahme (hier verweise ich auf die Serie „Persönlichkeitsbildung“, die auf dem Blog @zeitgedanken umfänglich zu finden ist). Die Heranwachsenden werden mit dem Eintritt in das Erwachsenalter zwar ihren eigenen Ängsten überlassen, aber auch von Bevormundung frei.

In dieses natürlich erscheinende Gefüge von Abgabe und Übernahme der Verantwortung, von Abnahme und Zunahme der Ängste und der Entlassung in die Freiheit greift nun eine Instanz ein, die alles zum Besten regeln will: der Sozialstaat. Der „moderne“, „aufgeklärte“ Staat geht offenbar davon aus, dass seine Bürger gerade das nicht sind: modern und aufgeklärt. Deshalb kann man ihnen die Verantwortung für ihr Leben auch nicht aufbürden. Der Staat müsse hier einspringen.

Das emotionale Signal, das der Staat mit seiner zweifellos gutgemeinten „sozialen Gerechtigkeit“ setzt, zeigt in eine völlig falsche Richtung. Es erweckt enorme Hoffnungen auf eine Lebenslage, in der die gemütliche Daseinsform des Sich-fallen-lassens gepflegt werden darf. Wo in Wahrheit mehr Ängste beim Bürger geweckt werden, deutet das Signal auf weniger. Darin ähnelt es den emotionalen Signalen gewiefter Heiratsschwindler.

Der Staat in seiner Rolle als Sozialstaat verzerrt nicht nur die natürlichen Abläufe innerhalb der leistungsteiligen Tauschgesellschaft, sondern verstärkt damit auch Tendenzen, die in Richtung Teilnahmslosigkeit und Verzicht auf Eigenaktivität gehen. Das Kindliche, das Unerwachsene wird in sinnwidriger Weise gefördert. Und die Staatsfunktionäre spielen sich als Übermütter und Überväter auf. Damit sind sie natürlich völlig überfordert. Kein Wunder, dass sich über kurz oder lang die Beziehung der von ihnen Betreuten zu ihnen nur noch als die habgierige Nörgelei von Zukurzgekommenen artikuliert.

Schon der scharfsichtige Alexis de Tocqueville hat in seinem berühmten Amerikabuch in unnachahmlicher Weise beschrieben, welche Folgen der Staatspaternalismus hat: Der Staat als väterlicher Hirte mache den Bürger zu einer Art Paria, den das Geschick seiner nächsten Umgebung nichts mehr angeht. Er kümmert sich um nichts und niemanden. Die größten Veränderungen in seiner Heimat vollziehen sich ohne seine Anteilnahme. Das Wohl seines Dorfes, der Zustand seiner Straße, das Geschick seiner Gemeinde berühren ihn nicht. Er glaubt, alles dies gehöre einer fremden Macht, die man „die Regierung“ nennt. Er selbst nimmt nur als Nutznießer Anteil, ohne Gefühl der Eigenverantwortung und ohne den Willen, dabei zu helfen, etwas zu bessern. In dieser Indolenz verharrt er sogar dann, wenn die eigene Sicherheit und die der eigenen Kinder gefährdet sind. Statt einzugreifen und die Gefahr abzuwenden, senkt er die Arme in der Hoffnung, die ganze Nation werde ihm zu Hilfe eilen. Vor über hundertfünfzig Jahren wurden diese Sätze als Vision, als Möglichkeit formuliert. Ich überlasse es meinen Lesern zu beurteilen, inwieweit sie die heutige Wirklichkeit treffen.

In diesem Zusammenhang kann ich mir nicht verkneifen, auf die Untersuchungen des Zoologen Nicolaus Peters hinzuweisen. Sie bestätigen unsere Alltagserfahrung. Peters hat die Negativfolgen üppiger Fürsorglichkeit erforscht, allerdings nur an Tieren. Er stellt bei verschiedenen stark domestizierten Haustierarten fest, dass es sich dabei um entschieden „im Kopf minderbemittelte Vertreter ihrer Art“ handelt. Der Hirnschwund im Vergleich zum wilden Ursprungstyp beträgt bis zu 35%. Die Tiere sind antriebsschwach und bilden eine geringe Sensibilität gegenüber Gefahrensituationen aus. Viele der umsorgten Kreaturen haben ihre Lebenstüchtigkeit schon soweit eingebüßt, dass sie sich in freier Wildbahn nicht mehr behaupten könnten.

Das Leben ist härter, wenn es in Freiheit stattfindet. Infolge der staatlichen Verwöhntiraden und auch infolge der Regredation durch staatliche Beschulung (hier wieder der Verweis auf „Persönlichkeitsbildung“ im Blog @zeitgedanken zu finden) ist ein wahrhaft freies Leben für Viele inzwischen zu hart. Man hat bei manchen Staatsbürgern den Eindruck, als sehnten sich geradezu nach Knechtschaft.

Die Staatsgesellschaft hat sich aufgrund des in ihr ausgefochtenen Kampfes gegen die „soziale Kälte“ zu einem Bollwerk gegen das Erwachsenwerden gewandelt. Eigeninitiative bei der persönlichen Absicherung gegen Schicksalsschläge? Fehlanzeige! Verantwortlichkeit für das eigene Leben? Fehlanzeige! Spontaneität bei der Entwicklung von Existenzsicherungsstrategien? Fehlanzeige! Bei vielen Staatsbürgern ist noch nicht einmal ein Bewusstsein dafür wach, dass es so etwas wie Eigeninitiative, Verantwortlichkeit und Spontaneität gibt. Sie sind bereits umsorgungssüchtig, bevor sie richtig lesen und schreiben gelernt haben, gefangen im Dusel einer Vollkasko-Mentalität und deren Klippschulenmoral.

Das Phänomen, dass „soziale Wärme“ (das Gegenstück zur „sozialen Kälte“) die Eigeninitiative zum Zwecke des Existenzerhalts auch lähmen kann, bezeichnet Norbert Walter als „Samariter-Dilemma“. Tatsächlich ist zu beobachten, dass Menschen, die eigentlich noch Kraft und Energie für eigenverantwortliche Existenzangstbewältigung zur Verfügung hätten, durch den Genuss der „sozialen Gerechtigkeit“ dazu animiert werden, sich in eine frühkindliche Versorgungsmentalität fallen zu lassen. Anreize dazu hat der Staat mannigfach geschaffen. Anreize wirken. Das ist einer der Grundsätze der Ökonomie.

Der Bürger verhält sich völlig rational, wenn er den „sozialen“ Anreizen folgt. Weil er seinen hoheitlichen Vater hat, muss er nicht in die „Kälte“ des Erwachsenseins hinaus. Er darf, und gerade in den besonders angstsensiblen Bereichen, Kind bleiben. Da ihm ein Leben lang die obrigkeitlichen Gutmenschen zur Seite stehen, kann er sich von der Last des Erwachsenseins in weiten Lebensbereichen befreien. Aber die Ur-Sehnsucht nach paternalistischer Fürsorge fordert ihren Tribut: den Verzicht auf die vielen kleinen Genüsse eines wirklich freien Lebens.

Infolge der hoch gezüchteten Ansprüche aufgrund der Ideologie des „Sozialen“ hat sich ein sattes Anspruchsdenken in der Bevölkerung breitgemacht. Die Mehrheit der Bürger moderner Staaten fühlen sich irgendwie schlecht weggekommen und bedürftig (Roland Baader, 1995). Sie beschränken sich in ihren Wünschen nicht auf eine sachgerechte Versorgung mit kollektiven Gütern, was ja legitim wäre, sondern erwarten eine regelrechte Umsorgung in allen Lebensbereichen.

Dass an Vater Staat weit höhere Sehnsüchte herangetragen werden als an den lieben Gott, ist empirisch nachweisbar. Wir Bürger machen den Staat zum Vater, an dessen Fäden wir hernach wie Marionetten hängen! Wir machen die Führer, die uns verführen! Wir sind es, die der „Einladung des Staates zur Selbstentmündigung“ (Reinhard Sprenger, 2013) folgen. Aber auch anderes ist richtig. Das Omnipotenzgehabe, mit dem die Staatsfunktionäre auftreten, weckt immense Erwartungen.

Das staatliche Angebot zur „Selbstverkindlichung“ (Sprenger) wird wie kein anderes gern angenommen. Viele junge Leute suchen erst gar nicht den Weg aus der Kindheit heraus. Sie empfinden es als „viel zu stressig, groß zu sein“ und wollen in die Eigenverantwortung für ihren Existenzerhalt nicht hineinwachsen. Oft können sie es auch gar nicht mehr. Von Kindesbeinen an sind sie im Klima einer allumfassenden Umsorgungsaura aufgewachsen.

Allen verschiedenen Formen des „Sozialen“ ist eines gemeinsam: Der Bürger findet einen Weg, Leistungen auch ohne Erbringen einer adäquaten Gegenleistung in Anspruch nehmen zu können. Der Nanny-Staat eröffnet solche Wege, indem er sie am Eigentum anderer teilhaben lässt. Damit bietet er die Möglichkeit, dass sich der Mensch aus dem Ernst und der Unnachsichtigkeit der leistungsteiligen Tauschgesellschaft herausschleichen kann. In der Staatsgesellschaft dürfen Egos heranwachsen, ohne auf ihre

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